Coronavirus-FAQ

Finanzierung von Leistungen

Die Frage lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Zunächst ist zu prüfen, ob sich aus den jeweiligen Vereinbarungen etwas dazu ergibt. Häufig enthalten die Rahmenverträge Regelungen zur zeitlich begrenzten Fortzahlung der Entgelte bei vorübergehender Abwesenheit der Leistungsberechtigten. Dies ist vor allem im (teil-)stationären Bereich üblich, um die Freihaltung der Plätze zu sichern. Anders ist es möglicherweise im ambulanten Bereich, wo die Fachleistungsstunden häufig nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme zu vergüten sind (zB Schulassistenz). Es kommt auf die jeweils gültigen Vereinbarungen und Rahmenverträge an.

Die Abwesenheitsregelungen betreffen allerdings zumeist nur den Fall, dass einzelne Leistungsberechtigte die Leistung vorübergehend nicht in Anspruch nehmen (können), die Leistung im Grunde aber noch angeboten wird. Sie dürften daher in der Regel bei einer angeordneten Schließung von Einrichtungen nicht anwendbar sein.

Jugendämter sollten aber im Hinblick auf ihren Sicherstellungsauftrag in Betracht ziehen, Notlagenvereinbarungen mit freien Trägern zu treffen, um deren Existenz, Leistungsfähigkeit und insbesondere die personelle Kontinuität zu sichern, damit die Leistungen im Bedarfsfall jederzeit wieder aufgenommen werden können (zum Verhältnis entsprechender Vereinbarungen zu Ansprüchen nach § 3 SodEG vgl. die entsprechende Frage unten).

Eine allgemeingültige Antwort ist hier schwierig. Das Gesetz ermöglicht auch während der Laufzeit einer Entgeltvereinbarung Neuverhandlungen bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Entgeltvereinbarung zugrunde lagen. Diese Voraussetzung dürfte aktuell vielfach erfüllt sein (zB unvorhersehbare Veränderungen bei Personalschlüsseln, Nettoarbeitszeit, Auslastung etc).

Zudem haben die Jugendämter einen gesetzlichen Sicherstellungsauftrag hinsichtlich der Deckung von Bedarfen und der Bereitstellung der dafür erforderlichen Dienste und Einrichtungen. Dies gilt in der jetzt akuten Krisensituation, aber auch nach deren Abklingen, sodass auch mit Blick auf die Wiederaufnahme des Regelbetriebs die Existenzgefährdung der freien Träger möglichst zu vermeiden ist.

Vor diesem Hintergrund halten wir Notlagenvereinbarungen grundsätzlich für zulässig und vielfach wohl auch angezeigt. Auch die neuen Vereinbarungen müssen aber gesetzeskonform ausgestaltet sein. Sie sollten insbesondere:

- schriftlich abgeschlossen werden,

- eine knappe Beschreibung der veränderten Leistungs- und Qualitätsmerkmale enthalten (zB Ermöglichung digitaler Leistungen, Absenkung von Personalschlüsseln etc.),

- die Leistungserbringer zur (reduzierten) Dokumentation der erbrachten Leistungen verpflichten und

- befristet sein.

Zum Verhältnis entsprechender Vereinbarungen zu Ansprüchen nach § 3 SodEG vgl. die entsprechende Frage unten.

Soziale Dienstleister können seit Inkrafttreten des Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) einen Antrag auf Zuschüsse nach dem SodEG bei dem jeweiligen Leistungsträger, zu dem sie in einem Rechtsverhältnis stehen, stellen. Dafür müssen sie unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen, um eine Gewährung von Zuschüssen nach dem SodEG zu erhalten, mit der Antragstellung erklären, alle ihnen nach den Umständen zumutbaren und rechtlich zulässigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel in Bereichen zur Verfügung zu stellen, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Krise geeignet sind (§ 1 S. 1 SodEG).

Nach einer Erklärung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind die Zahlungen der Leistungsträger vorrangig vor den Zuschüssen nach dem SodEG, soweit ein sozialer Dienstleister weiterhin seine eigenen Aufgaben erfüllt (vgl. Einsatz und Absicherung sozialer Dienstleister vom 30.3.2020).

Darüber hinaus gibt es in § 4 SodEG eine Grundlage für Erstattungsansprüche. Daraus folgt, dass der Sicherstellungsauftrag – also Zahlungen nach dem SodEG – nur gilt, soweit die sozialen Dienstleister nicht mit vorrangigen verfügbaren Mitteln ihren Bestand absichern können. Aus diesem Grund haben die Leistungsträger einen Erstattungsanspruch gegenüber den sozialen Dienstleistern, so dass ua Mittel für erbrachte Leistungen (soweit diese trotz Maßnahmen nach dem IfSG weiterhin möglich sind) im Rahmen von Rechtsverhältnissen mit den Leistungsträgern mit den geleisteten Zuschüssen verrechnet werden. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird „erwartet“, dass diese vorrangigen Mittel in Anspruch genommen werden.

Bei der Frage, ob für das Jugendamt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch weiterhin die Möglichkeit besteht, mit den Trägern der freien Jugendhilfe individuelle Regelungen bzgl. der aufgrund der Corona-Krise nicht erbrachten Leistungen zu vereinbaren, ist fraglich, ob auch für nicht erbrachte Leistungen und sich darauf beziehende Vereinbarungen ein Nachrang des SodEG gilt. Nach unserer Einschätzung dürfte das der Fall sein, da durch das SodEG zwar eine Rechtsgrundlage geschaffen wurde, durch welche die Leistungsträger bei Vorliegen der Voraussetzungen weiterhin Zahlungen an die sozialen Dienstleister und Einrichtungen erbringen und zwar unabhängig davon, ob diese ihre ursprünglich vereinbarte Leistung tatsächlich ausführen oder nicht. Leistet der Leistungsträger jedoch aufgrund einer mit dem freien Träger geschlossenen Vereinbarung, dürfte nach unserer Auffassung nichts dagegen sprechen, dass diese Vereinbarung unabhängig vom SodEG geschlossen wird mit der zu berücksichtigenden Folge, dass evtl. nicht noch zusätzlich Zuschüsse nach dem SodEG beantragt bzw. bewilligt werden (können).

Gem. §§ 2, 3 SodEG werden die Zuschüsse durch die Leistungsträger nach § 12 SGB I gewährt. Hierzu gehören gem. § 12 iVm § 27 Abs. 2 SGB I die Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe (idR Kreise und kreisfreie Städte).

Gem. § 5 SodEG bestimmen die Länder die zuständigen Behörden für die Aufgabenwahrnehmung, „soweit sich auch die Zuständigkeit der Leistungsträger für die Aufgabenausführung im Sozialgesetzbuch nach Landesrecht richtet.“ Im Bereich des SGB VIII trifft das SGB VIII selbst die Regelung, dass grundsätzlich der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sachlich zuständig ist, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist (§ 85 Abs. 1 SGB VIII). Auch die Zuständigkeiten des überörtlichen Trägers definiert das SGB VIII selbst und zwar abschließend (§ 85 Abs. 2 SGB VIII).

Daher gehen wir davon aus, dass hier kein Raum und auch kein Bedarf für eine landesrechtliche Zuständigkeitsbestimmung ist. Nach diesem Verständnis müssten die örtlichen Träger für die Durchführung des SodEG automatisch zuständig sein.

Vorbehaltlich verwaltungsinterner Umsetzungsrichtlinien gilt nach dem Gesetzeswortlaut (§§ 2, 3 SodEG) das Folgende:

Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens hoheitlicher Entscheidungen, die im örtlichen Tätigkeitsbereich von sozialen Dienstleistern unmittelbar oder mittelbar den Betrieb, die Ausübung, die Nutzung oder die Erreichbarkeit von Angeboten der sozialen Dienstleister beeinträchtigen. Der Zahlungsbeginn wirkt somit zurück auf den Zeitpunkt, in dem die ersten hoheitlichen Entscheidungen in Kraft getreten sind, die den Betrieb des einzelnen Leistungserbringers beeinträchtigt haben.

Nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird dieser Zeitpunkt für ganz Deutschland auf den 16.3.2020 fallen, da an diesem Tag die Bundesregierung sowie die Regierungschefs der Bundesländer Leitlinien zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich angesichts der Corona-Pandemie in Deutschland vereinbart haben, aufgrund derer dann innerhalb weniger Tage bundesweit Maßnahmen nach dem IfSG getroffen wurden.

Somit gilt im Regelfall, dass eine Antragstellung, die für den Beginn der finanziellen Sicherstellung auf den 16.3.2020 abstellt, zulässig ist.

Die Verpflichtung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe zur Entgeltübernahme für eine Leistung des freien Trägers im Einzelfall setzt grundsätzlich voraus, dass Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen bestehen (§ 78b Abs. 1 SGB VIII). Über die Ausnahmeregelung des § 78b Abs. 3 SGB VIII ist es aber möglich, im konkreten Einzelfall auch das Leistungsentgelt für Leistungen in einer Einrichtung zu übernehmen, wenn keine entsprechende Vereinbarung mit dem freien Träger besteht. Die grundsätzlich restriktiv auszulegende Vorschrift wird nur in atypischen Einzelfällen angewendet, bspw. wenn die geeignete und notwendige Hilfe gerade in dieser Einrichtung erbracht werden kann und vergleichbare Angebote von Trägern, mit denen eine entsprechende Vereinbarung besteht, fehlen. Von solchen atypischen Einzelfällen dürfte auch in der derzeitigen Situation, in der Hilfebedarfe fortbestehen oder verstärkt vorliegen, aber Leistungen eingeschränkt zur Verfügung stehen, auszugehen sein.

Soll die Leistung in einem Einzelfall in einer Einrichtung erbracht werden, mit der eine Vereinbarung nach §§ 78a ff SGB VIII besteht, die die konkrete Leistung aber nicht umfasst, findet § 78b Abs. 3 SGB VIII ebenfalls Anwendung. Bei Geeignetheit und Notwendigkeit kann die Leistung in der Einrichtung erbracht werden, wenn keine anderweitige Unterbringung – in der Einrichtung eines freien Trägers, dessen Vereinbarung gerade auch diese Leistung umfasst – in Betracht kommt.

Ein (jugendhilferechtlicher) Anspruch auf Eingliederungshilfe zur Teilhabe an Bildung steht der Person zu, die nach § 35a SGB VIII hilfeberechtigt ist und die konkrete Leistung zur Teilhabe an schulischer Bildung benötigt. Das ist der Fall, wenn die Person aufgrund ihrer Behinderung und ohne die Hilfe keinen gleichberechtigten Zugang zu schulischen Bildungsangeboten hätte.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im schulischen Bereich haben idR die grundsätzliche Hilfeberechtigung des seelisch behinderten Minderjährigen unberührt gelassen. Da der schulische Unterricht bzw. die Schulbildung in verändertem Format stattfindet, besteht der Eingliederungshilfebedarf dementsprechend idR fort (vgl. FAQ Teilhabe „Dürfen aufgrund von Schulschließungen Leistungen für Schulbegleitungen vorübergehend eingestellt werden?“).

Bietet die Schule ein neues Unterrichtskonzept bzw. -format an, so sind etwaige Anpassungen des bisherigen behinderungsbedingten Hilfebedarfs dahingehend zu überprüfen. Besteht der Hilfebedarf zB an Schulbegleitern fort, so kann die Leistung auch im neuen Kontext des Fernunterrichts erbracht und entsprechend weiterfinanziert werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Leistungen zur schulischen Teilhabe nur den Zugang zu schulischen Bildungsangeboten ermöglichen oder sichern dürfen. Sie gehen nicht soweit, die originäre schulische Kernkompetenz zB die Wissensvermittlung mitzutragen. Aus diesem Grund ist die Finanzierung des Bildungsangebots selbst, sowohl hinsichtlich seines Inhalts als auch hinsichtlich seiner Gestaltung, keine Aufgabe des JA (vgl. BT-Drs. 18/9522, 259; BSG 15.11.2012 – B 8 SO 10/11 R; DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2014, 253). Kostenpflichtige Bildungsinhalte können durch das JA deshalb nicht übernommen werden. Das gilt zB für kostenpflichtige Vollversionen elektronischer Lehr-/Lern-Medien oder -materialien.

Die Frage der Finanzierung ist ebenfalls neu zu beantworten, wenn zB der Fernunterricht einen zusätzlichen bzw. neuen Hilfebedarf ausgelöst hat. Das kann der Fall sein, wenn der/die Lernende nunmehr behinderungsspezifische kommunikative, technische oder andere Hilfsmittel benötigt, um am Fernunterricht überhaupt teilnehmen zu können. Bei der Bestimmung der konkreten Leistung ist wiederum zu beachten, dass sich diese nicht dem schulischen Kernbereich überschneidet.

Durch das „Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ erhalten (ua) Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen eine einmalige Sonderleistung (sog. Corona-Prämie). Dadurch können alle Beschäftigten in der Altenpflege, die im relevanten Zeitraum und Umfang im Jahr 2020 hauptsächlich in der direkten Pflege und Betreuung arbeiten, einen Betrag von bis zu 1.500 EUR erhalten. Die Frist zur Gewährung dieser steuerfreien Corona-Prämie wurde bis zum 30.6.2021 verlängert. Darüber hinaus können auch für andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen die jeweiligen Arbeitgeber und ihre Verbände Boni vereinbaren. So wurden ebenfalls für die Beschäftigten in Krankenhäusern Einmalzahlungen für die Pflege von Corona-Patienten beschlossen.

Mitarbeiter*innen bei einem freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind nicht von den im Gesetz bedachten Pflegekräften umfasst, erhalten also nicht die sog. Corona-Prämie. Möglich ist es jedoch, dass entsprechende Prämien zwischen Arbeitgeber und Verbänden vereinbart werden. Allerdings ist dabei fraglich, wer für die Kosten aufkommen könnte/müsste. Denn in Bezug auf die Corona-Prämie für Pflegekräfte werden die Kosten über die Pflegeversicherung finanziert. Möchte ein freier Träger seinen Beschäftigten einen wie auch immer gearteten „Corona-Bonus“ zahlen, so kann er diesen nicht einfach dem Jugendamt in Rechnung stellen. Vielmehr müsste dies zunächst mit dem Jugendamt entschieden werden und entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen werden. In der Praxis dürfte dies jedoch an den mangelnden finanziellen Möglichkeiten der Träger der öffentlichen Jugendhilfe scheitern, so dass zu hoffen wäre, dass auch Mitarbeiter*innen, die während der Corona-Pandemie über den Normalumfang hinausgehende Arbeitsbelastungen hatten oder noch haben, seitens der Politik in den Blick genommen werden.

Digitale Kommunikationsformen haben durch die Corona-Pandemie in verschiedenen Lebensbereichen auch für Kinder und Jugendliche massiv an Bedeutung gewonnen. Voraussetzung ist der Zugang zu einem heimischen Internetanschluss, der aber in stationären Wohneinrichtungen und bei Pflegefamilien nicht flächendeckend vorhanden ist. Es stellt sich die Frage, ob Jugendämter die Kosten dafür übernehmen dürfen oder sogar müssen. Nach Auffassung des Instituts lässt sich die einvernehmliche Kostenübernahme durch das Jugendamt für WLAN in stationären Wohneinrichtungen – auch wenn diese bislang nicht in der Entgeltvereinbarung aufgenommen ist – juristisch gut begründen, in Pflegefamilien – zumindest für einen Übergangszeitraum – ebenfalls. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe von den Einrichtungsträgern vor Ablauf der Entgeltvereinbarung zur Kostenübernahme gezwungen werden kann.

Unabhängig von der Unterbringungsform ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, den wiederkehrenden Bedarf des untergebrachten Kindes durch laufende Leistungen zu decken, dh sowohl den notwendigen Unterhalt einschließlich Sachaufwand als auch die Kosten der Pflege und Erziehung (vgl. § 39 Abs. 1, 2 SGB VIII). Der „Sachaufwand“ beinhaltet auch Dinge des persönlichen Bedarfs, wozu in vertretbarem Umfang auch die Kosten für eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft gehören. Nach Auffassung des Instituts fallen auch die Kosten für heimisches WLAN darunter, da dies schon in „normalen“ Zeiten Voraussetzung für soziale und digitale Teilhabe sowie intergraler Bestandteil der Pflege von Kontakten ist. Aktuell gilt dies verschärft, da ein WLAN-Zugang zwingende Voraussetzung auch zur Teilnahme am Bildungsleben (Nutzung von Online-Lernplattformen, Videokonferenzen mit Lehrkräften etc) ist.

Sind Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen untergebracht, hängt die Höhe der laufenden Leistungen von der mit dem Einrichtungsträger für einen bestimmten Zeitraum im Voraus abgeschlossenen Entgeltvereinbarung ab (vgl. §§ 78b, 78d SGB VIII). Vielfach dürften Kosten für privates WLAN in den entsprechenden Bedarfskalkulationen der Einrichtungsträger noch nicht enthalten sein. Die Erbringung einer Nachzahlung durch das Jugendamt für einen vergangenen Vereinbarungszeitraum ist in jedem Fall unzulässig (§ 78d Abs. 1 S. 2 SGB VIII), möglich ist es aber jederzeit, einvernehmlich eine neue Vereinbarung abzuschließen und die laufenden Leistungen für die Zukunft zu erhöhen (Krug/Riehle/Schwarz SGB VIII, Stand: 6/2016, SGB VIII § 78d Rn. 17).

Ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe vom Einrichtungsträger zu Neuverhandlungen und zum Abschluss einer neuen Vereinbarung gezwungen werden könnte, lässt sich hingegen nicht eindeutig beantworten. Allgemein ist dies nur in engen Ausnahmefällen möglich, nämlich bei unvorhergesehenen wesentlichen Änderungen der Annahmen, die der Entgeltvereinbarung zugrunde lagen (§ 78d Abs. 3 S. 1 SGB VIII). Anerkannt wurde dies bisher in Fällen, in denen eine wesentliche Änderung der Umstände – anders als bei den hier zur Diskussion stehenden WLAN-Kosten – auch mit massiven Kostensteigerungen für den Einrichtungsträger einherging. Aus Sicht des Instituts ist dieser Zusammenhang jedoch nicht zwingend. Mangels veröffentlichter Rechtsprechung lässt sich die im Streitfall maßgebliche rechtliche Einschätzung von Schiedsstellen und Gerichten zu der Frage aber nicht vorhersagen.

Anders als die Leistungsvereinbarungen mit den Einrichtungsträgern, können Jugendämter die Höhe des an Pflegefamilien geleisteten monatlichen Pauschalbetrags nicht unmittelbar beeinflussen. Dieser wird durch die nach Landesrecht zuständige Stelle festgesetzt (§ 39 Abs. 5 S. 1 SGB VIII; idR die oberste Landesjugendbehörde, das Landesjugendamt oder Bezirksbehörden). Ein individuell gesteigerter Bedarf im Einzelfall, für dessen Deckung das Jugendamt nach eigenem Ermessen ein erhöhtes Pflegegeld zahlen könnte, liegt nach Auffassung des Instituts ebenfalls nicht vor. Denn der durch die Kontaktbeschränkungen gesteigerte Bedarf, zu Hause WLAN zu nutzen, entspricht gerade dem Durchschnittsfall von (insbesondere jugendlichen) Pflegekindern. Begründen ließe sich daher allenfalls die Zahlung einer einmaligen Beihilfe (§ 39 Abs. 3 SGB VIII ggf. iVm landesrechtlichen Ausführungsvorschriften) zur Deckung der WLAN-Kosten für einen begrenzten Zeitraum. Anders als bei der corona-bedingten Anschaffung etwa eines Notebooks (vgl. dazu die Frage zur Übernahme der Kosten für ein Notebook sowie das DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2020, 297), bedarf es für die Deckung monatlicher widerkehrender Kosten als einmalige Beihilfe einer etwas konstruierten juristischen Argumentation, sodass zu hoffen bleibt, dass die zuständigen Stellen auf Landesebene künftig den entsprechenden Bedarf bei der Festsetzung der Pflegegeldpauschalen berücksichtigen (vgl. zum Ganzen ausführlich: DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2021, 89).