Coronavirus-FAQ

Unterhaltsrecht

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde bei Personenbezeichnungen die männliche Form gewählt. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt sind von historischem Ausmaß. Der Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme sind dadurch massiv unter Druck geraten. Das hat erhebliche Auswirkungen für viele Berufstätige: (Drohende) Insolvenzen, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie Umsatzrückgänge bei Selbstständigen führen zu sinkenden Einkommen, wodurch geschuldeter Unterhalt nicht mehr oder nur eingeschränkt gezahlt werden kann. Hiervon werden sowohl die bereits bestehenden Unterhaltsfestsetzungen betroffen als auch die Regelung zukünftiger Unterhaltsansprüche (Borth FamRZ 2020, 653).

Die Festlegung des aktuell geschuldeten Unterhalts ist vor allem dadurch erschwert, dass derzeit aufgrund der weltweiten Pandemie mit vielerorts immer neuen Rückschlägen bei ihrer Eindämmung noch immer nicht die Dauer und das Ausmaß der negativen wirtschaftlichen Folgen realistisch beurteilt werden können (Heiß/Born/B.Heiß/H.Heiß Unterhaltsrecht, 58. EL Juli 2020, 3. Kap. Rn. 111a). Die Impf-Perspektive gibt zwar einigen Grund zum Optimismus für den weiteren auch ökonomischen Verlauf des Jahres 2021 in Deutschland. Wie sich aber die Erholung in einzelnen Branchen gestalten wird und wie viele Unternehmensinsolvenzen vor allem im Handel, bei Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben, Reiseveranstaltern, im Messebaugewerbe, in der Unterhaltungsbranche usw demnächst zu verzeichnen sein werden, ist noch völlig offen. Nach Einschätzung der Bundesregierung wird es bis in das Jahr 2022 dauern, ehe das Niveau vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie wieder erreicht wird.

Zwar besteht weiterhin eine Obliegenheit des bereits vor oder durch „Corona“ arbeitslos gewordenen Unterhaltspflichtigen, sich um eine neue berufliche Tätigkeit zu bemühen. Für extrem ungewöhnliche Zeiten wie diese gibt es aber keine Erfahrungswerte, aus denen sich einfach die Verletzung unterhaltsrechtlicher Obliegenheiten begründen ließe (Schürmann FamRB 2020, 199 [200]). Nicht selten sind auch weitere Erschwernisse in der persönlichen Lebenssituation – wie fehlende Betreuungsmöglichkeiten für die im Haushalt lebenden Kinder – zu berücksichtigen. Folglich ist eine lediglich pauschale Argumentation in der Corona-Krise nicht mehr haltbar, wenn die Arbeitslosigkeit in einem der vielen Bereiche der Wirtschaft eingetreten ist, die in Schwierigkeiten geraten sind (Viefhues ZAP 2020, 917 [918]). Deshalb ist das Gebot der Einzelfallprüfung ernst zu nehmen, wobei der Beurteilungsmaßstab einer Obliegenheitsverletzung an die Krisensituation anzupassen ist (Schürmann FamRB 2020, 199 [200]).

Gleiches gilt, wenn gegenüber Unterhaltspflichtigen im Fall des Bezugs von Kurzarbeitergeld sowie von ALG I, soweit rechtlich zulässig, eine ergänzende Erwerbstätigkeit verlangt wird (Heiß/Born/B. Heiß/H. Heiß 3. Kap, Rn. 111a).

Die Berechnung einer Unterhaltsverpflichtung auf Basis von fiktivem Einkommen setzt allgemein ua voraus, dass die in Betracht kommenden Tätigkeiten zumutbar sind und auch tatsächlich entsprechende Arbeitsstellen für den Schuldner erreichbar sind. Bei „normaler“ Unterhaltsverpflichtung sind für Unterhaltspflichtige nur Tätigkeiten in ihrem Berufsfeld zumutbar, bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit sind hingegen auch Arbeitsstellen außerhalb und unterhalb ihrer Qualifikation sowie arbeitsbedingte Umzüge zuzumuten.

Je nach Einzelfall ist also zu prüfen:

- Gibt es entsprechende offene Stellen auf dem Arbeitsmarkt? In einigen Bereichen „boomt“ sogar die Wirtschaft (Handwerk; Lebensmittelbranche; online-Handel; Gütertransport bzw. Paketzustelldienste; Herstellung und Vertrieb von medizinischer Ausrüstung oder Desinfektionsmitteln; viele sonstige Sektoren des produzierenden Gewerbes). Deshalb kann nicht generell angenommen werden, dass Bemühungen um einen Arbeitsplatz in jedem Fall aussichtslos seien (Borth FamRZ 2020,653 [655]).

- Gehören die Unterhaltspflichtigen einer „Corona-Risikogruppe“ an? Bei chronischen Grunderkrankungen und bei nur „normaler“ Unterhaltsverpflichtung könnte ein Familiengericht die Zumutbarkeit möglicherweise verneinen, da bspw. Verkaufspersonal durch die Personenkontakte einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt ist.

Entscheidend ist letztlich die Darlegungs- und Beweislast für den Umfang der behaupteten Leistungsfähigkeit, was auch substantiierte Ausführungen zu Erwerbsbemühungen einschließt. Der konkrete Umfang der notwendigen Erwerbsbemühungen dürfte – noch mehr als zuvor – nur nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen sein, ebenso die Frage, ob überhaupt aktuell eine reale Erwerbschance besteht (BeckOK/Reinken, Stand: 1.11.2020, BGB § 1603 2b; Borth FamRZ 2020, 653 [655]).

1. Die Leistung von Kurzarbeitergeld nach §§ 96 ff. SGB III dient dazu, „dem Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz und dem Arbeitgeber seine eingearbeitete Belegschaft zu erhalten“ (BT-Drs. 5/2291, 70). So formulierte der Gesetzgeber bereits 1967 bei der Schaffung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Diese Brückenfunktion gilt noch heute, sie kommt vor allem im Merkmal des Arbeitsausfalls als „vorübergehend“ in § 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III zum Ausdruck, das den Zweck des Kurzarbeitergelds betont (Husemann jM 2021, 19 [20]).

Nach Angaben der BA belief sich die Zahl der Kurzarbeitergeld-Bezieher im April 2020 auf rund sechs Millionen. Seitdem gibt es einen kontinuierlichen Rückgang: Vom 1. bis 25.11.2020 zeigten Betriebe nach Angaben der BA für 537.000 Menschen Kurzarbeit an, ein gutes Drittel davon aus dem Gastgewerbe (vgl. Ammerland Was beim Kurzarbeitergeld zu beachten ist, Springer professional, Online-Artikel, Stand: 7.12.2020, Abruf 16.1.2021).

Rückwirkend zum 1.3.2020 ist der Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtert worden. Zur Höhe und Bezugsdauer gilt grundsätzlich: Die BA zahlt als Ersatz für den durch einen vorübergehenden Arbeitsausfall ausbleibenden Lohn bei kinderlosen Beschäftigten 60 %, bei Beschäftigten mit Kindern 67 %. Auch die Sozialabgaben, die auf den ausgefallenen Lohn fällig wären, übernimmt die Arbeitslosenversicherung. Das gilt prinzipiell für zwölf Monate (§ 104 SGB III). Damit bleibt eine Einkommenslücke von 25 bis 30 % des Nettoeinkommens (Borth FamRZ 2020, 653).

Das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13.3.2020 sieht befristete Ermächtigungen der Bundesregierung zum Erlass von Rechtsverordnungen vor für den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld vor sowie zu dessen Höhe und Bezugsdauer.

Zur Höhe gilt derzeit befristet: Beschäftigte, deren Arbeitsentgelt um mindestens die Hälfte reduziert ist, können seit 1.3.2020 von einem erhöhten Kurzarbeitergeld profitieren. Ab dem vierten Monat des Bezugs wird das Kurzarbeitergeld auf 70 % (bzw. 77 % für Beschäftigte mit mindestens einem Kind) und ab dem siebten Monat auf 80 % (bzw. 87 % für Beschäftigte mit mindestens einem Kind) aufgestockt.

Die Bezugsdauer wurde für Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2020 entstanden ist, über die einjährige Bezugsdauer nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB III hinaus auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31.12. 2021, verlängert (§ 1 der 2. KugBeV = Kurzarbeitergeldbezugsdauerverordnung).

Zum möglichen Hinzuverdienst ist zu beachten: Für während der Kurzarbeit aufgenommene Nebenbeschäftigungen wurde die vollständige Anrechnung des Entgelts auf das Kurzarbeitergeld befristet bis zum 31.12.2020 ausgesetzt.

Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen wurden insoweit bis 31.12.2021 verlängert, als dass Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen geringfügig entlohnten Beschäftigung anrechnungsfrei bleibt.

Kurzarbeitergeld ist grundsätzlich steuerfrei. Ähnlich wie für das Eltern- oder Arbeitslosengeld muss für das Kurzarbeitergeld keine Einkommenssteuer bezahlt werden. Allerdings kann die Anwendung des sog. „Progressionsvorbehalts“ gem. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG uU dazu führen, dass der iÜ bezogene Lohn stärker mit Steuern belastet wird und im folgenden Jahr eine Steuernachzahlung droht. Nähere Einzelheiten hierzu unter https://www.steuern.de/kurzarbeitergeld-steuer.html, Abruf: 16.1.2021.

Arbeitgeber können das Kurzarbeitergeld freiwillig aufstocken (§ 106 Abs. 2 S. 2 SGB III iVm mit § 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV). In einigen Unternehmen und Branchen gibt es tarifvertragliche Regelungen zur Aufstockung. Je nach Tarifvertrag kommen die Beschäftigten dann auf 75 bis 97 % ihres Nettogehalts. Allerdings kommt nur eine Minderheit in den Genuss derartiger Regelungen (vgl. die angefügte Branchentabelle; Ammerland, Springer professional, Online-Artikel, Stand: 7.12.2020, Abruf: 16.1.2021).

Bei Verlangen von Schuldnern nach Reduzierung der Unterhaltspflicht wegen Einkommensveränderungen durch Kurzarbeit muss also stets gefragt werden,

- seit wann und voraussichtlich wie lange diese eingetreten ist;

- in welcher Höhe Kurzarbeitergeld derzeit und ggf. in kommenden Monaten gezahlt wird;

- ob tarifliche oder sonstige sozialrechtliche Aufstockungsleistungen erbracht werden;

- ob und in welcher Höhe der Schuldner einen rechtlich und tatsächlich einen Hinzuverdienst erzielen kann.

Sehr häufig bestehen Kündigungsfristen, bis zu deren Ende Arbeitnehmer jedenfalls noch Anspruch auf Lohnfortzahlung haben. Bei einer Arbeitgeberkündigung kann den Pflichtigen idR zugemutet werden, die Kündigungsschutzvorschriften auszunutzen, wenn dies nicht von vornherein aussichtslos erscheint. Ist die Kündigung nicht zu verhindern, müssen im Kündigungsschutzprozess auch Abfindungsansprüche gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden (Wendl/Dose/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 1 Rn. 758 mwN).

Das Arbeitslosengeld I beträgt 60 %, für Eltern 67 % des durchschnittlichen Entgelts der letzten zwölf Monate (§ 149 iVm § 151 SGB III). Ein Nettolohn von 1.950 EUR vermindert sich demnach auf rund 1.300 EUR, ein Nettolohn von 2.200 EUR auf rund 1.480 EUR.

ALG I wird gem. § 147 SGB III abhängig von der Beschäftigungsdauer 6 bis 12 Monate lang für unter 50-jährige Arbeitnehmer gezahlt. Das verlängert sich für ältere Arbeitnehmer bis auf 24 Monate (§ 147 Abs. 2 SGB III; dazu Wendl/Dose/Dose § 1 Rn. 107).

Beim Arbeitslosengeld ist ein Zuverdienst bis zu 165 EUR anrechnungsfrei (§ 155 Abs. 1 S. 1 SGB III). Der übersteigende Betrag ist in voller Höhe auf das ALG anzurechnen.

Auch in Corona-Zeiten besteht grundsätzlich die Obliegenheit für den Unterhaltsverpflichteten, sich nachhaltig um eine Erwerbsmöglichkeit zu bemühen (s. dazu Frage „Sind arbeitslose Unterhaltspflichtige seitens der Fachbereiche Unterhaltsvorschuss bzw. Beistandschaft weiterhin aufzufordern, sich eine Arbeit zu suchen oder kann aufgrund der Umstände durch COVID-19 davon abgesehen werden?“).

1. Das Institut hatte in 2009 bei der großen Welle der Kurzarbeit in der sog. Finanzkrise (bei damals allerdings nur rund 1,4 Mio. Betroffenen) gutachtlich zu der Problematik Stellung genommen (s. JAmt 2009,184) mit im Ergebnis folgenden Empfehlungen:

- Abänderungsersuchen eines Schuldners jedenfalls während der ersten drei Monate der Kurzarbeit könnten mit der Begründung abgelehnt werden, vorerst stehe nicht fest, dass das Einkommen des Schuldners auf Dauer gemindert sei. Vorübergehende Einkommensschwankungen seien von ihm aktuell im Rahmen der Systematik der Leistungsfähigkeit hinzunehmen.

- Ab dem vierten Monat der Kurzarbeit könnte dem Schuldner für die Zukunft durch einen widerruflichen Vollstreckungsverzicht entgegengekommen werden. Dieser sollte allerdings mit der strikten Bedingung verbunden werden, den Gläubiger unverzüglich zu informieren, wenn die Kurzarbeit beendet sei und der Schuldner wieder das Gehalt in der bisherigen Höhe beziehe. Verstoße er gegen diese Obliegenheit, behalte sich die Gläubigerseite vor, den Vollstreckungsverzicht ggf. rückwirkend zu dem maßgebenden Zeitpunkt der Beendigung der Kurzarbeit zu widerrufen.

Diese Empfehlung wurde in einer früheren Fassung dieses Beitrags für die FAQ sinngemäß wiederholt.

2. Die inzwischen wohl überwiegende Meinung in der Literatur spricht sich für eine sofortige Berücksichtigung von Einkommensrückgängen bei nichtselbstständiger Beschäftigung und damit auch bei Kurzarbeit aus.

So argumentiert Viefhues (ZAP 2020, 917 [924]) nach Kritik an dem „juristischen Kunstgriff“ der Nichtberücksichtigung von Veränderungen in einer bloßen Übergangszeit und nach methodischer Darstellung der Anknüpfung der Leistungsfähigkeit an Durchschnittsberechnungen auf der Basis von Vergangenheitswerten:

„Kann aber ein früheres Einkommen nicht mehr fiktiv herangezogen werden, muss in diesen Fällen zeitgleich reagiert werden, denn nach dem Gesetz ist der Unterhalt monatsweise zu leisten (§§ 1585 Abs. 1, 1612 Abs. 3 BGB). Unterhaltsrecht ist also Liquiditätsrecht (Schürmann, FamRB 2020, 199). Damit gewinnt für die Unterhaltsfestsetzung der Grundsatz der Gleichzeitigkeit (Kongruenz, Zeitidentität) von Unterhaltsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit an Bedeutung. Die unterhaltsrechtlich relevante Leistungsfähigkeit muss also genau in dem Zeitraum bestanden haben, für den aufgrund der Bedürftigkeit Unterhalt verlangt wird (BVerfG, Urt. v. 7.6.2005 – 1 BvR 1508/96, FamRZ 2005, 1051). Liegt also aktuell keine oder nur begrenzte Leistungsfähigkeit vor, besteht auch für diesen Zeitraum kein oder nur ein reduzierter Unterhaltsanspruch.

Nicht akzeptabel ist in dieser Situation auch eine bloße Stundung des Unterhalts durch den Unterhaltsberechtigten (Schürmann, FamRB 2020, 199 [201]). Denn dies bewirkt lediglich einen Zahlungsaufschub, also eine zeitliche Verlagerung der Zahlungspflichten und verletzt den Grundsatz der Gleichzeitigkeit (Kongruenz, Zeitidentität) von Unterhaltsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit.

Angesichts dieser auch von anderen namhaften Stimmen (Schürmann FamRB 2020,199; Borth FamRZ 2020, 653 [600]; Büte FK 2020, 118 unter 3 c dd) unterstützten Auffassung lässt sich die zuvor von hier aus vertretenen Empfehlung eines differenzierten Vorgehens nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten.

Die Gläubigerseite mag zwar versuchen, zunächst diesen Standpunkt zu vertreten. Dies wäre jedenfalls dann nicht völlig aussichtslos, wenn der Schuldner über hinreichendes Vermögen verfügt. Hierzu weist Borth (FamRZ 2020, 653 [655] mwN) zutreffend darauf hin, dass bei einem Einkommensrückgang von absehbarer Dauer vom Unterhaltspflichtigen die Auffüllung auf die Höhe des bisherigen Einkommens durch den Einsatz von Vermögensrücklagen bzw. von verwertbarem Vermögen verlangt werden könne. Sehr häufig wird aber aufgrund prekärer wirtschaftlicher Verhältnisse derartiges Vermögen nicht zur Verfügung stehen. Das Ansinnen an den Schuldner, zur Überbrückung einen Kredit aufzunehmen, wird nur in seltenen Ausnahmefällen bei Vorhandensein von nicht liquiden Vermögenswerten in Betracht kommen (Borth FamRZ 2020, 653 [655]).

Im Streitfall wird somit der Schuldner seinen Standpunkt durchsetzen können, dass eine Einkommensminderung durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit materiell-rechtlich vom ersten Tag ihrer finanziellen Auswirkung zu berücksichtigen sei.

Hier ist zu bedenken, dass Unterhaltsfestsetzungen regelmäßig auf der Basis von saldierten Einkommensdaten aus drei Jahren beruhen. Damit werden Schwankungen aus vor allem konjunkturellen Gründen ausgeglichen.

Selbstständige mögen häufig darauf verweisen können, dass ihnen insbesondere durch allgemeine öffentlich-rechtliche Beschränkungen infolge zeitweiliger Lockdown-Maßnahmen Umsätze entgangen sind. Vielfach können diese auch nicht durch künftige Umsätze kompensiert werden (zB ausgefallene Restaurant- und Kinobesuche, Hotelübernachtungen, Haarschnitte, Verkauf von Modeartikeln, Soloauftritte von Künstlern uÄ).

Allerdings hat sich die Politik auf einen finanziellen Teilausgleich des im jeweiligen Lockdown verlorenen Umsatzes geeinigt. Am 5.1.2021 haben Bund und Länder beschlossen, die Corona-Maßnahmen bis zum 31.1.2021 fortzusetzen. Für Selbstständige und Unternehmen gibt es bis Ende Juni 2021 Unterstützung – „Überbrückungshilfe“ sowie „Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“ lauten die aktuellen Schlagworte hierzu (vgl. Ellinghoff ua „Corona: Wie Selbstständige und Unternehmen die Krise überbrücken“, Stand: 15.1.2021, in Finanztipp, Internetabruf 16.1.2021).

Auch hat der Bundestag am 17.12.2020 eine Regelung beschlossen, die Gewerbemietern in der Corona-Krise helfen soll. Der Lockdown stellt eine sog. „Störung der Geschäftsgrundlage“ dar (Art. 240 § 7 EGBGB). Das ermöglicht Verhandlungen mit Vermietern über eine Herabsetzung für Geschäftslokale.

Deshalb muss bei Herabsetzungsersuchen von selbstständigen Unterhaltsschuldnern jedenfalls eine detaillierte Darlegung von einerseits Einnahmeeinbußen und andererseits öffentliche Hilfen sowie Maßnahmen der Kostensenkung insbesondere bei der Gewerbemiete verlangt werden. Da eine Verständigung über die entsprechende Zahlenbasis in der Regel nicht kurzfristig möglich ist, dürfte sich häufig eine zumindest teilweise Stundung der Unterhaltsverpflichtung empfehlen, bis endgültig Klarheit über die Entwicklung in den abgelaufenen Monaten und die Zukunftsperspektiven besteht. Je nachdem kommen dann ein endgültiger rückwirkender Erlass oder das Bestehen auf Nacherfüllung des geschuldeten Unterhalts in Betracht (vgl. dazu auch die Frage „Was ist in formeller Hinsicht bei corona-bedingten Herabsetzungsverlangen von Schuldnern zu beachten?“, Ziff. 4).

Wird die Selbstständigkeit virusbedingt vollständig aufgegeben, so muss dies – nach den allgemeinen Grundsätzen – sofort berücksichtigt werden. Ob Unterhaltspflichtige dann zur Arbeitssuche und -aufnahme aufzufordern sind, richtet sich nach dem Einzelfall (s. Frage bzgl. Aufforderung zur Arbeitssuche).

1. Liegt noch kein Unterhaltstitel vor, so kann der Schuldner ohne verfahrensrechtliche Hindernisse seine Zahlungen verringern. Dem sollte die Gläubigerseite ggf. durch ein förmliches Auskunftsverlangen begegnen, um zweifelsfrei die Verzugswirkungen des § 1613 Abs. 1 BGB herbeizuführen (Viefhues ZAP 2020, 917 [925]).

In Betracht kommt ferner, den Unterhalt durch einstweilige Anordnung nach § 246 iVm §§ 49 ff. FamG geltend zu machen, über die idR nur nach mündlicher Verhandlung entschieden wird und die § 54 FamFG rückwirkend auch abgeändert werden kann (Büte FK 2020, 118 unter 3a).

2. Ist ein Unterhaltsverfahren anhängig, empfiehlt sich ein befristeter Zwischenvergleich. Für diese Zeit ist ein Ruhen des Verfahrens zu beantragen, § 113 Abs. 1 FamFG, § 251 S. 1 ZPO. Nach dessen Wiederaufnahme ist unter Beachtung des dann vorliegenden Einkommens eine dauerhafte Regelung zu treffen (Büte FK 2020,118 unter 3b).

3. Bei existierendem Unterhaltstitel müsste der Schuldner ein gerichtliches Abänderungsverfahren nach §§ 238 f. FamFG einleiten und auch die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen. Dies stößt jedoch auf Schwierigkeiten angesichts der sich womöglich in kurzer Zeit wieder ändernden Lebenssituation des Schuldners und den neuerdings zT noch weiter erhöhten Hürden für die Begründung der jeweiligen Anträge: Nicht ausreichend ist ein einseitiger selektiver Vortrag des Schuldners zur Verringerung der Leistungsfähigkeit; die aktuellen Verhältnisse hierzu sind in einer Neuberechnung darzustellen (OLG Brandenburg 1.2.2019 – 13 WF 19/19, NZFam 2019 406 zu gerichtlichen Entscheidungen und 18.12.2018 – 13 UF 151/18, NJW 2019, 2039 bei einer Unterhaltsvereinbarung).

4. Im wohlverstandenen Interesse beider Seiten sollten stattdessen eher einvernehmliche Lösungen angestreb werden (Viefhues ZAP 2020, 917 [925]; so auch Schürmann FamRB 2020,199 [202]; Borth FamRZ 2020,653).

Eine solche könnte iW folgende Elemente umfassen (hierzu näher Viefhues ZAP 2020, 917 [926]):

- Der Berechtigte verzichtet vorübergehend (nur) auf die Vollstreckung aus dem Titel, der damit zunächst bestehen bleibt. Ein solcher Vollstreckungsverzicht ist unbedenklich, wenn der Schuldner mit ihm einverstanden ist.

- Nach einer vereinbarten Zeitspanne wird für die Vergangenheit verbindlich gerechnet auf der Basis der dann vorliegenden sicheren Informationen.

- Dann kann bei bestätigter Berechtigung des Herabsetzungsverlangens die Gläubigerseite einen endgültigen (Teil)verzicht auf die Rechte aus dem Titel erklären. Andernfalls kann sie nunmehr hieraus vollstrecken. Ferner können zwischenzeitlich aufgelaufene Unterhaltsrückstände ggf. durch Vereinbarung endgültig festgesetzt bzw. von der Gläubigerseite geltend gemacht werden.

- Sind die Verhältnisse soweit geklärt, dass auch eine Prognose für die Zukunft möglich ist, lässt sich einvernehmlich der vorhandene Titel durch eine neue vollstreckbare Urkunde ersetzen (Schürmann FamRB 2020,199 [202]).

- Wird keine Einigung erzielt, kann der Schuldner immer noch das Abänderungsverfahren mit Rückwirkung einleiten, die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen und eine verbindliche Neufestsetzung durch das Gericht erwirken.

Sofern Herabsetzungsverlangen wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit nachgekommen wird, dürfte dann auch angemessen sein, den Selbstbehalt herabzusetzen: auf den eines nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen im Falle der Arbeitslosigkeit und auf einen Zwischenbetrag je nach Umfang der Kurzarbeit (s. Rechtsprechung zur Teilzeitarbeit BGH 9.1.2008 – XII ZR 170/05, abrufbar unter www.kijup-online.de). Hierzu wird zwar allgemein auch vertreten, dass der Selbstbehalt erst nach einem längeren Zeitraum zu reduzieren sei. Das kann für den Fall, dass bereits auf kurze Sicht lediglich das reduzierte Einkommen zugrunde gelegt wird, kaum angemessen sein.

Steht die Zweijahres–Einkommensüberprüfung an, so wird oftmals zunächst mit dem betreuenden Elternteil Rücksprache gehalten. Es besteht immerhin die Gefahr, dass eine Reduzierung das Ergebnis sein wird. Das sollte auch weiterhin verstärkt im Blick behalten werden

Im Übrigen könnte künftig auch einmal die – bisher wohl selten praktisch gewordene – Situation vermehrt auftreten, dass der Schuldner von sich aus auf die turnusgemäß anstehende Überprüfung hinweist und sein Einkommen im abgelaufenen Jahreszeitraum mitteilt, woraus sich ein niedrigeres Einkommen und demgemäß die Prognose eines verringerten Unterhalts ergeben soll.

Ist dem Fachbereich nicht konkret bekannt, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil seine Arbeit verloren hat, so sollte weiterhin die Lohnpfändung beantragt werden. Einkommensreduzierungen werden ggf. dann sicherlich von der Drittschuldnerseite mitgeteilt.

Wird der Fachbereich über relevante Einkommensreduzierungen informiert, so ist entsprechend den vorstehenden FAQs zu verfahren.

Arbeitet der betreuende Elternteil im Pflegebereich oder droht diesem die Gefahr einer Ansteckung oder Quarantäne und übernimmt daher der barunterhaltspflichtige Elternteil die Betreuung des Kindes, so ändert dies nichts an der bisherigen Zuordnung von Betreuungs- und Barunterhalt.

Zunächst ist die Situation mit der Übernahme der Betreuung in Ferienzeiten vergleichbar.

Hier greift nach wie vor der zweite Leitsatz einer BGH-Entscheidung aus dem Jahre 1984: „Wenn der nicht sorgeberechtigte Elternteil das Kind in Ausübung seines Umgangsrechts während der Ferien für einige Wochen bei sich hat und versorgt, so berechtigt ihn das im Regelfall nicht zu einer Kürzung des von ihm zu zahlenden Barunterhalts.“ (BGH 8.2.1984 – IVb ZR 52/82, DAVorm 1984, 464 = FamRZ 1984, 470). Zur näheren Begründung wird auf die Urteilsgründe verwiesen.

Zumindest der erste Teil der hier in Bezug genommenen Entscheidungsbegründung gäbe dem Beistand prinzipiell eine Handhabe, ein Ansinnen nach Kürzung des Unterhalts für eine ausnahmsweise über den normalen Umgang hinausgehende „Betreuungszeit“ durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil abzulehnen. Solche Fälle sind bisher vor allem dann praktisch geworden, wenn sich der betreuende Elternteil in einen mehrwöchigen Klinik- oder Kuraufenthalt begeben musste und kein weiterer Angehöriger das Kind bei sich aufnehmen konnte.

Nach dem wesentlichen Kern der BGH-Argumentation ist der Unterhalt zur Deckung eines Gesamtbedarfs bestimmt, der sich schlecht für eine Aufspaltung in isoliert zu betrachtende Teilabschnitte eignet. Auch im Hinblick auf kostenträchtige Anschaffungen wie Schuhe oder Winterkleidung ist es ein vernünftiger Gedanke, von einer längerfristigen Durchschnittsbetrachtung auszugehen und punktuelle Mehrforderungen ebenso auszuschließen wie entsprechende begrenzte Kürzungen.

Wenn allerdings der barunterhaltspflichtige Elternteil weiterhin den gesamten Barunterhalt erbracht hat bzw. erbringt, obwohl er in einem deutlich über zwei Wochen hinausgehenden Zeitraum anscheinend das Kind in wesentlich stärkerem Maße als sonst „betreut“ und damit auch dessen Naturalunterhalt gedeckt hat, könnte dies möglicherweise für eine solche Teilperiode anders gesehen werden.

Hierin liegt jedenfalls ein greifbarer Ansatz dafür, dem barunterhaltspflichtigen Elternteil gegenüber ein gewisses Entgegenkommen zu zeigen. Hierfür kann auch in nachfolgendem Absatz des bereits zitierten BGH-Urteils ein Begründungsansatz gefunden werden:

„Das Verlangen des Unterhaltsschuldners nach einer Unterhaltskürzung, das ebenso wie eine Mehrforderung des Gläubigers wegen bedarfserhöhender Umstände der Befriedung und Beruhigung des Verhältnisses zwischen beiden im Wege stehen kann, muss daher dementsprechend auf Fälle beschränkt werden, in denen die Deckung eines Teiles des Unterhaltsbedürfnisses des Gläubigers unvorhersehbar eintritt; sie muss zudem der Höhe nach gegenüber dem Umfang der laufenden Unterhaltspflicht ins Gewicht fallen. Teildeckungen des Unterhaltsbedarfs geringeren Umfanges sowie insbesondere solche, die nach Eintritt und Höhe vorhersehbar waren, sind hingegen allgemein als in der zuerkannten (§ ZPO § 258 ZPO) oder vereinbarten Unterhaltsrente bereits berücksichtigt anzusehen.“

Immerhin ist die Corona-Krise der Anlass für die kurzfristig zugesagte Übernahme der Betreuung durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil unvorhersehbar; sie geht möglicherweise auch insgesamt über den üblichen Umfang eines Umgangs deutlich hinaus (zumal anzunehmen ist, dass im Rest des Jahres auch noch zeitweise Ferienumgang mit dem Kind gepflegt wird und die aktuelle Betreuungszeit in der Coronazeit damit nicht anstelle, sondern zusätzlich zu einem längeren üblichen Umgang geleistet wird).

Dies spricht letztlich dafür, unabhängig von dogmatischen Erwägungen zum Inhalt des Unterhaltsanspruchs, hier eine „Verhandlungslösung“ anzustreben, die dem barunterhaltspflichtigen Elternteil ein gewisses Entgegenkommen signalisiert. Unter diesem Aspekt sollte das Ganze mit dem (im Normalfall) die Betreuung leistenden Elternteil erörtert werden, unter Hinweis, dass der Wechsel des Kindes in dieser Krise das Beste für das Kind ist). Welcher Einigungsbetrag letztlich angemessen wäre, lässt sich nicht mathematisch vorgeben.

Sollte sich der betreuende Elternteil vernunftwidrig weigern, dem barunterhaltspflichtigen Elternteil in der vorgeschlagenen Weise entgegenzukommen, und ggf. auf einer Vollstreckung wegen etwa einbehaltener Unterhaltsbeträge bestehen, könnte die Fachkraft der Beistandschaft durchaus die Ansicht vertreten: Abweichend vom Regelfall habe sich aufgrund der unvorhergesehenen Situation und der übermäßig hohen Aufwendungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils der Unterhaltsanspruch des Kindes für den entsprechenden Zeitraum derart vermindert, dass es vertretbar ist, von einer Vollstreckung zu einem erheblichen Teil abzusehen.

1. Die Bundesregierung hat Ende März 2020 ein Sofortprogramm zur Existenzsicherung von Selbstständigen und kleinen Unternehmen beschlossen. Unternehmen und Selbstständige aus allen Wirtschaftsbereichen mit bis zu fünf Beschäftigten konnten einen einmaligen Zuschuss („Corona-Soforthilfe“) von bis zu 9.000 EUR für drei Monate beantragen, Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten einen einmaligen Zuschuss von bis zu 15.000 EUR, ebenfalls für drei Monate. Die Anträge waren bis zum 31. 5. 2020 zu stellen (Saager ZVI 2020, 288; zu den in den Bundesländern unterschiedlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Corona-Soforthilfe vgl. Reck ZVI 2020, 243).

Daneben gab und gibt es die sog. Überbrückungshilfe I bis III. Die Überbrückungshilfen sollten insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Corona-Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen, bereitgestellt werden. Bei der Überbrückungshilfe handelt es sich iW um ein Bundesprogramm. Informativ zu den derzeit bestehenden einschlägigen Hilfsprogrammen Eilinghoff ua „Corona: Wie Selbstständige und Unternehmen die Krise überbrücken“, Stand: 15.1.2021, in Finanztipp, Internetabruf 16.1.2021).

2. Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung nur pfändbar, wenn sie übertragbar ist. Unübertragbar ist eine Forderung, wenn der Gläubigerwechsel den Inhalt der Leistung ändern würde. Darunter fällt auch eine zweckgebundene Forderung, weil der Verwendungszweck einer Forderung zum Inhalt der zu erbringenden Leistung gehört (Zöller/Herget ZPO, 33. Aufl. 2020, ZPO § 851 Rn. 3; Kindl ua/ Meller-Hannich Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl. 2015, ZPO § 851 Rn. 17). Zu den nur im Rahmen ihrer Zweckbindung pfändbaren Forderungen können auch staatliche Subventionszahlungen gehören (BFH 9.7.2020 – VII S 23/20 (AdV) Rn. 25, NJW 2020, 2749; MüKo/Smid ZPO, 5. Aufl. 2016, ZPO § 851 Rn. 9).

Nach diesen Grundsätzen ist die Corona-Soforthilfe ausweislich der ihr zugrundeliegenden Bestimmungen als zweckgebunden einzustufen (BFH 9.7.2020 – VII S 23/20 [AdV] Rn. 26 mwN).

3. Ungeachtet der Frage der Pfändbarkeit des Anspruchs auf die genannten Gelder ist zwischen dem Anspruch auf ihre Auszahlung (gegen die öffentliche Hand) und dem Anspruch auf Auszahlung des Kontoguthabens (gegen das Kreditinstitut) zu unterscheiden (Saager ZVI 2020, 288 [289]).

Die Pfändung des Auszahlungsanspruchs auf die Subvention selbst ist nur dann zulässig, wenn die Fördermittel dadurch nicht ihrer Zweckbestimmung entzogen werden. Die Pfändung an der Quelle, dh beim Zuwendungsgeber, kann deshalb nur „Anlassgläubigern“ gestattet sein. Hierzu zählen ausschließlich diejenigen, die fortlaufend Sach- und Finanzmittel leisten, wie etwa Vermieter, Lieferanten, Leasinggeber (Mock VE 2020, 81). Jede andere Pfändung, insbesondere durch Altgläubiger, würde die Forderung ihrer Zweckbestimmung entziehen und ist deshalb unzulässig (Meller-Hannich MDR 2020, 1025 [1027]).

Der Anspruch gegen die öffentliche Hand erlischt mit der Zahlung (§ 362 Abs. 1 BGB). Mit der Forderung erlischt auch der für sie bestehende Pfändungsschutz (BGH 16.7.2004 – IXa ZB 287/03, ZVI 2004, 735 mAnm Zimmermann).

 4. Nach Auszahlung des Betrags käme ein spezieller Schutz vor einem Gläubigerzugriff nur in Betracht, wenn dieser auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gem. § 850k ZPO eingegangen wäre. Über den bereits jetzt geschützten Sockelbetrag hinaus werden im Rahmen einer grundlegenden Neuregelung des P-Kontos durch § 902 S. 1 Nr. 6 ZPO n.F. mWv 1.12.2021 auch geschützt:

„Geldleistungen, die dem Schuldner nach landesrechtlichen oder anderen als in den Nummern 1 bis 5 genannten bundesrechtlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, in welchen die Unpfändbarkeit der Geldleistung festgelegt wird.“

Das würde auch einen Pfändungsschutz für ausgezahlte Corona-Beihilfen auf einem P-Konto bedeuten.

Auch wenn die Regelung derzeit noch nicht in Kraft ist, wird doch zT in der Literatur bereits ihre entsprechende Anwendung – im Vorgriff zur Schließung einer Regelungslücke - diskutiert und zwar auf Antrag des Schuldners nach § 850k Abs. 4 ZPO (Meller-Hannich MDR 2020, 1025 [1027]). Die Rechtsfrage muss deshalb als offen angesehen werden.

Wurde die Corona-Beihilfe auf ein sonstiges Konto des Schuldners überwiesen, besteht hierfür – vorbehaltlich einer noch fristgerechten nachträglichen Umwandlung in ein P-Konto kein Pfändungsschutz. Dieser könnte allenfalls durch eine an strenge Voraussetzungen gebundene gerichtlicher Anordnung nach § 765a ZPO erwirkt werden.

Der Anspruch auf die Corona-Prämie, zu deren Auszahlung die Pflegeeinrichtungen verpflichtet sind, ist nach § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI unpfändbar.

Freiwillig gezahlte Corona-Prämien sind von der Vorschrift nicht erfasst und unterliegen dem Pfändungsschutz für Arbeitsentgelt (zur Einordnung der freiwilligen Corona-Prämie als einmaliges Arbeitsentgelt iSv § 14 Abs. 1, § 23a SGB IV: Schlegel NJW 2020, 1911 ff.).

Die Corona-Sonderzahlung in einem anderen Arbeitsbereich, die auf einem Pfändungsschutzkonto gutgeschrieben war, wurde von der Rechtsprechung in voller Höhe pfandfrei gestellt (AG Zeitz 10.8.2020 – 5 M 837/19).

Ausgehend davon, dass nachweislich kein Zuschuss in Höhe von 150 EUR gewährt wird und von der Schule kein Leihgerät zur Verfügung gestellt werden kann, könnte grundsätzlich in Betracht kommen, die Anschaffungskosten als Sonderbedarf zu werten (s. DIJUF/Knittel/Birnstengel Themengutachten, Stand: 2/2015, TG-1090; DIJUF/Knittel/Birnstengel Themengutachten, Stand: 2/2015, TG-1124). Der Begriff „Sonderbedarf“ wird im Gesetz definiert und ist danach ein unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf (vgl. die Legaldefinition in § 1613 Abs. 2 BGB).

Die Einführung des corona-bedingten Fernunterrichts hat seit den Schulschließungen im März 2020 zu einem unregelmäßigen Bedarf geführt. Denn in der Tat benötigen Kinder zur Nutzung der von der Schule vorausgesetzten Lernplattformen usw eine entsprechende Mindestausrüstung, wozu auch ein Laptop gehören kann. Zwar werden bei älteren Kindern in Familien, die nicht sozial schwach gestellt sind, derartige Geräte ohnehin vorhanden sein. Handelt es sich aber um Kinder im Grundschulalter, so kann noch nicht erwartet werden, dass sie bereits über entsprechende eigene Geräte verfügen.

Aus der Sicht des Instituts ist die entscheidende Frage, ob der Bedarf durch die Anschaffung des Laptops für beide Kinder im Sinne des Gesetzes außergewöhnlich hoch ist. Das beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Verhältnis zum laufenden Unterhalt. Letztendlich ist entscheidend, inwieweit den Berechtigten zugemutet werden kann, den Bedarf selbst zu bestreiten (Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6 Rn. 5). Unter beengten wirtschaftlichen Verhältnissen wird eine unvorhergesehene Ausgabe eher außergewöhnlich hoch erscheinen als bei gehobenem Lebenszuschnitt. Ausschlaggebend ist das Verhältnis der in Frage stehenden Aufwendung zu den Mitteln, die den Berechtigten für ihren laufenden Unterhalt zur Verfügung stehen.

Im Ergebnis dürfte es daher aufgrund der aktuellen Preise von Laptops aus der Sicht des Instituts bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen schwerfallen, einen außergewöhnlich hohen Bedarf darzulegen und hierauf die Einforderung einer anteiligen Beteiligung am Sonderbedarf zu stützen. Eine Legitimation einen besonders hochpreisigen Laptop aufgrund seiner besseren Qualität zu erwerben, gibt es jedenfalls auch bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen grundsätzlich nicht. Vielmehr kann ggf. auch ein gebrauchtes Gerät zur Bedarfsdeckung ausreichen. Bei guten finanziellen Verhältnissen dürfte daher eine rechtlich durchsetzbare Position, für die das Jugendamt als Beistand sich einzusetzen hätte, insoweit nicht bestehen. Etwas andres kann allerdings dann gelten, wenn es sich um (sehr) beengte finanzielle Verhältnisse handelt.

1. Werden Auszubildende durch Kurzarbeit freigestellt, ist zu beachten: Die Ausbildungsvergütung ist kein Arbeitslohn, sondern eine finanzielle Hilfe zur Durchführung der Ausbildung. Deshalb ist der Ausbildungsbetrieb auch weiterhin für mindestens sechs Wochen zur Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung verpflichtet, wenn Kurzarbeit für den Auszubildenden angeordnet wurde und die Ausbildung deshalb ausfällt (§ 19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG). Die Frist beginnt mit dem ersten Tag, an dem der Auszubildende wegen Arbeitsmangels freigestellt wird und läuft – jedenfalls in der Theorie – nur an Ausfalltagen. Die Verpflichtung zur Weiterzahlung verlängert sich also um die Tage, die der Auszubildende während der Kurzarbeit arbeitet. Der jeweilige Ausbildungs- oder Tarifvertrag kann auch längere Fristen vorsehen.

Sofern die Arbeitsagentur die Notwendigkeit von Kurzarbeit für Auszubildende anerkennt, kann auch Kurzarbeitergeld gezahlt werden (s. Fachliche Weisungen – Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit Nr. 1.2.4). Kurzarbeitergeld wird allerdings erst bezahlt, wenn die Verpflichtung zur Fortzahlung der Ausbildungsvergütung endet, also frühestens nach sechs Wochen.

2. Ab diesem Zeitpunkt könnte das unterhaltsberechtigte Kind sich überhaupt erstmals darauf berufen, dass sein Bedarf durch die Ausbildungsvergütung nicht mehr im vorherigen Umfang gedeckt werde. Soweit bisher die ungeschmälerte Vergütung – ggf. nach Abzug ausbildungsbedingter Kosten bzw. der entsprechenden Pauschale – hälftig auf den Barunterhaltsanspruch (idR gegen nur den einen hierzu verpflichteten Elternteil) anzurechnen war, verringert sich nun dieser Anteil, und der Bedarf des Kindes steigt.

Bsp.: Eine Ausbildungsvergütung betrug bisher 790 EUR. Nach Abzug von 100 EUR ausbildungsbedingtem Aufwand (vgl. zB Nr. 10.2.3 SüdL) ist der Restbetrag von 690 EUR hälftig auf den Anspruch gegen den barunterhaltspflichtigen Vater anzurechnen, also mit 345 EUR.

War dieser bisher nach EK-Gr. 2 /ASt. 3 der DT zu 105 % des MUH abzüglich hälftigem KG für ein erstes Kind verpflichtet, also zu einem Zahlbetrag von 445,50 EUR, verblieben demnach noch (445,50 – 345 =) gerundet 101 EUR Restbetrag.

Sinkt die Vergütung des Auszubildenden in Kurzarbeit auf 60 %, sind dies im Beispiel (790 x 0,6 =) 474 EUR. Abzüglich ausbildungsbedingter Aufwendungen verbleiben 374 EUR, für die hälftige Anrechnung stehen damit 187 EUR zur Verfügung.

In Fortführung des Beispiels ergäbe sich ein erhöhter Restbedarf von (445,50 - 187 =) gerundet 259 EUR. Das Kind könnte somit im rechnerischen Ausgangspunkt (259 - 101 =) 158 EUR mehr verlangen als bisher.

3. In dem Beispiel ist allerdings vorausgesetzt, dass der Vater derzeit keine „corona-bedingten“ Einkommenseinbußen hat.

Außerdem stellt sich die Frage nach der Angemessenheit eines pauschalen Abzugs von 100 EUR für ausbildungsbedingte Aufwendungen bei dem Kind, wenn derzeit gar keine Ausbildung stattfindet. Ebenso wie in Mangelfällen auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten vielfach nur mit konkreten Kosten gerechnet werden darf (vgl. Nr. 10.2.1 S. 3 SüdL), erscheint auch hier erwägenswert, vom Abzug der Pauschale abzusehen und das Kind auf die Geltendmachung konkreter Aufwendungen zu verweisen.

Werden solche in der Zeit der Kurzarbeit nicht vorgebracht, wäre auf der Grundlage des Beispiels mit unverändertem Schuldnereinkommen wie folgt zu rechnen: Zahlbetrag 445,50 – (474: 2 = 237) = gerundet 209 EUR.

Das Kind könnte somit rechnerisch 108 EUR mehr verlangen als zuvor ohne eigene Kurzarbeit.

Grundsätzlich ist die hier von der Unterhaltspflichtigen bezogene Prämie iHv 1.000 EUR als unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen zu behandeln. Denn für die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs sind als relevantes Einkommen alle Einkünfte heranzuziehen, unabhängig davon, welcher Art sie sind und aus welchem Anlass sie erzielt werden (jurisPK-BGB/Viefhues, 9. Aufl. 2020, BGB § 1603 Rn. 30; Erman/Hammermann BGB, 15. Aufl. 2017, BGB § 1602 Rn. 7 mwN). Das gilt folgerichtig auch für die von Bund und Ländern beschlossene Sonderprämie für Beschäftigte in der Pflege.

Im gleichen Sinn formulieren bspw. die Süddeutschen Leitlinien in Nr. 1.1: „Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.“ Dass in dieser knappen Formulierung keine weiteren Beispiele aufgeführt sind (vgl. etwa bei den LL des OLG Schleswig unter derselben Nr.: „einschließlich Weihnachts-, Urlaubsgeld, Tantiemen und Gewinnbeteiligungen sowie anderer Zulagen“), steht nicht entgegen. Die genannten Typen von zusätzlichen Einkünften sind auch in den SüdL aaO mitumfasst.

Wenn es sich nicht um einen Mangelfall handeln würde, also laufend mindestens der Mindestunterhalt gezahlt wird, so könnte auch vertreten werden, dass der einmalige Bonus nicht in eine Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist. Die unterhaltsrechtliche Behandlung dieser besonderen Corona-Bonus-Zahlung ist noch nicht gerichtlich geklärt. Möglicherweise ist sie als überobligatorisches Einkommen bzw. als unentgeltliche Zuwendung Dritter zu betrachten und daher nicht einzubeziehen (vgl. Viefhues FuR 2020, 610 [614]). Wir tendieren allerdings dahin, die Prämie beim unterhaltsrechtlichen Einkommen auch dann nicht außer Acht zu lassen, wenn der Mindestunterhalt gezahlt wird. Relevant wird dies nur dann, wenn so ein Sprung in die nächste Einkommensstufe ausgelöst würde.

2. Die SüdL enthalten in Nr. 1.2 die weitere Vorgabe: „Leistungen, die nicht monatlich anfallen, werden auf ein Jahr umgelegt.“ Zwar findet sich im nachfolgenden Satz die Aussage: „Einmalige Zahlungen sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.“ Jedoch erscheint angesichts der keineswegs besonders außergewöhnlichen Höhe der Zuwendung die Umlegung auf ein Jahr noch durchaus angemessen. Eine Umlegung auf mehrere Jahre würde das monatliche Einkommen so minimal erhöhen, dass sich hieraus kaum nennenswerte Auswirkungen ergeben würden. Folgerichtig ist das Einkommen der Mutter ab dem Monat des Zuflusses der Sonderprämie für den anschließenden Jahreszeitraum um 83 EUR mtl. zu erhöhen.

3. Bei korrektem Vorgehen müsste die titulierte Unterhaltsforderung vorübergehend abgeändert werden, indem sich die Schuldnerin urkundlich dazu verpflichtet, den sich – unter Berücksichtigung der umgelegten Prämie über zwölf Monate hinweg – erhöhten Festbetrag zu zahlen. Ferner sollte festgehalten werden: Ab dem Ende dieses Umlegungszeitraums gilt weiter der bereits titulierte Festbetrag. Wenn gleich eine neue Urkunde aufgenommen werden sollte, könnte dies auch darin zum Ausdruck gebracht werden, ohne dass anschließend wieder auf den alten Titel zurückgegriffen werden müsste. Dieser könnte ab Errichtung der neuen Urkunde vollständig ersetzt werden.