Digitalisierung: FAQ
Wir beantworten rechtliche Fragen, die mit der Digitalisierung der Kinder- und Jugendhilfe verbunden sind. Ausführliche Erläuterungen zu den rechtlichen Pflichten und Befugnissen der Jugendämter bei der digitalisierungsspezifischen Aufgabenerfüllung finden Sie in der umfassenden Expertise, die im Rahmen des Projekts „JAdigital“ entstanden ist (siehe Rechtsgutachten). Unsere Mitglieder sind herzlich eingeladen, weitere Fragen an uns zu richten. Die FAQ finden Sie auch auf der Projekt-Website unter www.digitalejugendhilfe.de.
Grundlagen/Kinderrechte
- Zum einen wurden in die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie gem. § 16 SGB VIII ausdrücklich spezielle Kompetenzbereiche der Erziehung aufgenommen und dabei auch die Medienkompetenz explizit hervorgehoben.
- Zum anderen werden die Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung in § 79 S. 3 SGB VIII dazu verpflichtet, für eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter und der Landesjugendämter einschließlich der Möglichkeit der Nutzung digitaler Geräte zu sorgen.
Daraus, dass in anderen Stellen des SGB VIII die Digitalisierung nicht ausdrücklich bezeichnet ist, ergibt sich aber nicht, dass keine diesbezüglichen Pflichten bestehen. Diese können sich vielmehr durch eine notwendige Auslegung ergeben (dazu s. FAQ Grundlagen/Kinderrechte: Ist im SGB VIII eine Rechtspflicht zur digitalen Leistungserbringung und Aufgabenwahrnehmung geregelt?).
Konkrete Aussagen zu Befugnissen und Pflichten der Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit der Digitalisierung enthält das SGB VIII bislang so gut wie gar nicht. Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wurden lediglich die Notwendigkeit einer digitalen Ausstattung der Jugendämter im Rahmen der Gesamtverantwortung nach § 79 SGB VIII sowie die Medienkompetenz als Inhalt der Familienförderung nach § 16 SGB VIII ausdrücklich geregelt.
Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der Lebenswelten junger Menschen besteht allerdings eine Rechtspflicht, das gesamte SGB VIII und Verpflichtungen im Rahmen der Leistungserbringung und Aufgabenerfüllung digitalisierungsspezifisch auszulegen. Dies ergibt sich allgemein aus den Grundsätzen/Strukturprinzipien des SGB VIII und der Pflicht zu einer (kinder-)rechtebasierten Umsetzung (§§ 1, 8, 9, 10a SGB VIII).
Die Kinder- und Jugendhilfe geht von einem rechtebasierten Ansatz aus, der für die Auslegung sämtlicher Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe ausschlaggebend ist. Als sowohl Geltungs- als auch Auslegungsgrundlage des SGB VIII sind insbesondere die Kinderrechte zu beachten, die sich aus dem GG und der UN-KRK ergeben.
In einer sich zusehends digitalisierenden Lebenswelt sind diese Kinderrechte auch im digitalen Zusammenhang mit Inhalten zu füllen; es bestehen insofern auch "digitale" Kinderrechte. Auf die Teilhabe- und Förderrechte junger Menschen hat diese bspw. Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Abbau ungleicher digitaler Teilhabebedingungen, die Förderung von Mediennutzungskompetenzen oder das Recht auf digitalen Zugang zu Förderleistungen. Und im Bereich der Schutzrechte müssen zB potenzielle digitale Gefahren berücksichtigt werden.
Die digitalen Kinderrechte haben entsprechend wiederum Auswirkungen auf die Auslegung der Rechte und Befugnisse der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII. Dies gilt zunächst für die allgemeinen Vorgaben des SGB VIII (zB Wunsch- und Wahlrecht) und die jugendhilferechtlichen Strukturprinzipien wie die Niedrigschwelligkeit, die Sozialraumorientierung und die Beteiligungs- und Selbstbestimmungsausrichtung. Konkret zur Verwirklichung der Teilhabe- und Förderrechte von Kindern und Jugendlichen muss die Kinder- und Jugendhilfe mit ihrem Leistungsangebot daher sowohl die Inhalte von Leistungen an digitalisierungsspezifischen Bedarfen ausrichten als auch digitale Kommunikationsformen im Fall ihrer fachlichen Eignung und Erforderlichkeit in die Gestaltung von Zugängen und methodischen Inhalten von Leistungen einbeziehen. Zur Verwirklichung von Schutzrechten gilt es einerseits, bei den gesetzlich im SGB VIII geregelten Schutzpflichten den mit der Digitalisierung einhergehenden Gefahren zu begegnen, und zum anderen, die Digitalisierung im rechtlich zulässigen Rahmen für die Wahrnehmung von Schutzpflichten zu nutzen. Und zur Verwirklichung von im SGB VIII geregelten Beteiligungsrechten sind auch digitale Beteiligungsformate als mögliche adressatengerechte Beteiligungsformen denkbar. Die konkreten Pflichten bei den einzelnen Leistungen und Aufgaben gilt es im Hinblick auf diese allgemeine Verpflichtung im Einzelnen in den Blick zu nehmen.
Jugendhilfeleistungen
Grundlagen
Nach § 5 Abs. 1 S. 1 SGB VIII haben Leistungsberechtigte das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Inhaltlich bezieht sich das Wunsch- und Wahlrecht damit auf die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Einrichtungen und Diensten zu wählen. Das Recht umfasst zudem auch Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe, die sich auch auf die Methoden der Leistungsgestaltung beziehen.
Was eine digitale Gestaltung von Leistungen anbelangt, so können die Leistungsberechtigten auf Basis des Wunsch- und Wahlrechts sowohl einen Dienst mit oder gerade ohne digitale Formate wählen als auch allgemein die Erbringung der jeweiligen Leistung mit oder ohne digitale Gestaltungselemente wünschen.
Gebunden ist das Wunsch- und Wahlrecht an fachlich geeignete Formen der Leistungserbringung, dh die Leistungsberechtigten können nur digitale Leistungen auswählen und wünschen, die den Bedarf im konkreten Fall vollständig abdecken. Daraus ergibt sich allerdings nicht, dass die gewünschte Leistung aus der fachlichen Perspektive des Jugendamts auch die optimalste sein muss. Denn es darf den Leistungsberechtigten keine Leistungen oder Leistungsgestaltungen anstelle der gewünschten aufgezwungen werden, die aus Sicht des Jugendamts den Hilfebedarf besonders optimal decken.
Damit Leistungsberechtigte die Möglichkeit haben, von ihrem Wunsch- und Wahlrecht Gebrauch zu machen, sind sie auf das Recht hinzuweisen (§ 5 Abs. 1 S. 1 SGB VIII), je nach Eignung auch digitale Formate in Anspruch zu nehmen.
Begrenzt ist das Wunsch- und Wahlrecht allerdings auf das vorhandene Angebot, da die Wünsche und die Wahl der Leistungsberechtigten im Einzelfall nur innerhalb des vorhandenen Angebots erfüllt werden können. Sind daher keine Angebote mit digitalen Elementen verfügbar, so kann auch kein entsprechendes Angebot gewählt werden. Daraus ergibt sich jedoch umgekehrt wiederum die Pflicht der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung, dass in der Jugendhilfeplanung ein plurales Angebot geplant wird, dass je nach allgemeiner Eignung bei der entsprechenden Leistungsart auch digitale Angebote umfasst. Nur so kann gewährleistet werden, dass in Zeiten der Digitalisierung der Lebenswelten auch digitale Leistungen in Einzelfällen gewährt werden können.
Leistungen zur Förderung von Medienkompetenzen
Die zunehmende Digitalisierung führt zu „neuen“ Hilfs- und Unterstützungsbedarfen von jungen Menschen und ihren Familien. Junge Menschen müssen bspw. lernen, mit Fake News und Desinformation umzugehen, Hatespeech zu erkennen und sich von dieser abzugrenzen. Zudem müssen sie über den Schutz der eigenen Daten aufgeklärt werden. Sie müssen darin gestärkt werden, ihr eigenes Selbstbild nicht mit den Darstellungen auf Social Media zu vergleichen, ihre Nutzungszeiten zu regulieren und vieles mehr. Auf diese Bedarfe muss auch die Kinder- und Jugendhilfe mit bedarfsgerechten Leistungen reagieren. Ebenso müssen Eltern unterstützt werden, mit den Herausforderungen umzugehen und ihre Kinder zu begleiten.
Als besonders relevante Leistung zur Deckung dieser Bedarfe ist die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 SGB VIII zu nennen. Die Förderung von Medienkompetenzen ist ausdrücklich Bestandteil der Leistung. Daneben bietet insbesondere die Jugendarbeit (§ 11 SGB VIII) einen geeigneten Rahmen für die niedrigschwellige Vermittlung von Medienkompetenz. Darüber hinaus müssen die Hilfen zur Erziehung (§ 27 SGB VIII) auf konkrete erzieherische Bedarfe im Zusammenhang mit dem Medienkonsum eingehen und diese in die individuelle Hilfeplanung einbeziehen.
Vertrauliche Beratung junger Menschen
Junge Menschen haben nach § 8 Abs. 3 SGB VIII einen Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten, solange durch die Mitteilung an die Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde. Für diese Beratung bieten sich digitale Beratungsformen in besonderer Weise an, da sie den Bedürfnissen der jungen Menschen entsprechen und zur Niedrigschwelligkeit beitragen können.
Bei der Durchführung digitaler Beratungsgespräche sind die gleichen Anforderungen an die Prüfung einer Einbeziehung der Personensorgeberechtigten zu erfüllen wie bei analogen Beratungsgesprächen.
Der Anspruch nach § 8 Abs. 3 SGB VIII richtet sich auf eine Beratung ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten, wenn durch die Mitteilung an diese der Beratungszweck infrage gestellt würde. Daraus folgt, dass die Eltern über die Beratung und ihren Inhalt in aller Regel nicht informiert werden dürfen, wenn und solange der junge Mensch ausdrücklich um Vertraulichkeit bittet. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der Beratungsgespräche. Dementsprechend braucht es ausdrücklich auch keine Einwilligung der Eltern mit dem digitalen Beratungsformat und seinen Bedingungen. Notwendig ist insofern nur eine Aufklärung der jungen Menschen selbst über die Beratungsbedingungen.
Gleichwohl ist mit den jungen Menschen auch im Rahmen digitaler Beratungsformate ebenso wie in der analogen Beratung zu thematisieren, wann und unter welchen Bedingungen die Einbeziehung der Eltern in die weitere Leistungsgewährung und ggf. die Überleitung in intensivere Hilfen erforderlich ist.
Hilfeplanung
Das Jugendamt muss für die Beteiligung an der Hilfeplanung die Gestaltung wählen, die am besten gewährleistet, dass die personensorgeberechtigten Eltern und betroffenen Kinder/Jugendlichen sich an der Hilfeplanung beteiligen, ihre Wünsche und Bedürfnisse einbringen und als Ergebnis die Hilfe so gewährt wird, dass sie die Mitwirkungsbereitschaft fördert und den Hilfebedarf deckt (s. FAQ: Ist das Jugendamt verpflichtet, Hilfeplankonferenzen digital oder analog durchzuführen, wenn die Eltern und/oder jungen Menschen dies wünschen?).
Eine Orientierung an fiskalischen Kriterien ist dagegen rechtswidrig. Ebenso dürfen digitale Beteiligungsformate nicht genutzt werden, um die notwendige Beteiligung an der Hilfeplanung lediglich pro forma zu erreichen, etwa in der Form, dass die Adressat:innen lediglich ihre Zustimmung zu einer bereits im Voraus durch das Jugendamt festgelegten Hilfegestaltung erteilen. Die gesetzlichen Vorgaben verlangen einen ergebnisoffenen Prozess der gemeinsamen Entscheidungsfindung über die bedarfsgerechte Hilfe. Die Gestaltung dieses Beteiligungsprozesses orientiert sich ausschließlich an fachlichen Kriterien.
§ 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII verpflichtet das Jugendamt, als Grundlage für die Ausgestaltung einer Hilfe zur Erziehung zusammen mit der Personensorgeberechtigten und dem Kind oder der Jugendlichen einen Hilfeplan aufzustellen. Die Beteiligung hat eine zentrale Bedeutung für die gemeinsame Entscheidung über die bedarfsgerechte Hilfe. Auf die Beteiligung an der Hilfeplanung besteht ein subjektives Recht.
Die gemeinsame Aufstellung erfolgt idR im Rahmen von Hilfeplangesprächen. Über die genaue Gestaltung (Ort/Zeit/Modalitäten) der Beteiligung und der Hilfeplangespräche entscheidet die jeweilige Fachkraft des Jugendamts nach pflichtgemäßem Ermessen. Entscheidungsgrundlage ist die Eignung der Gesprächsgestaltung für die gemeinsame Entscheidungsfindung; sie richtet sich daher nach fachlichen – und nicht fiskalischen – Kriterien. Die Hilfeplangespräche müssen so gestaltet werden, dass möglichst gut gewährleistet ist, dass die personensorgeberechtigten Eltern und betroffenen Kinder/Jugendlichen sich wirklich an der Hilfeplanung beteiligen, ihre Wünsche und Bedürfnisse einbringen und als Ergebnis die Hilfe so gewährt wird, dass sie die Mitwirkungsbereitschaft fördert und den Hilfebedarf deckt. In die Entscheidung für analoge oder digitale Hilfeplangespräche müssen daher die unterschiedlichen Kommunikationsbedingungen digitaler und analoger Kommunikation allgemein einbezogen werden und auf den Einzelfall bezogen überprüft werden, welches Gesprächssetting eine gemeinsame Planung gewährleistet, in der alle Adressat:innen zu Wort kommen und sich zum Hilfebedarf und der Eignung bestimmter Hilfen spezifisch äußern können. Mit einbezogen werden sollte dabei auch der bisherige Verlauf der Hilfeplanung. Digitale Gespräche könnten sich zB – je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls – insbesondere im weiteren Hilfeverlauf anbieten, wenn sich Fachkräfte und Familienmitglieder bereits (analog) kennenlernen konnten und es um die Überprüfung von späteren Änderungsbedarfen geht.
Berücksichtigt werden müssen bei der Entscheidung insbesondere auch die die Gesprächsgestaltung betreffenden Wünsche und Vorstellungen der zu beteiligenden Eltern und jungen Menschen. Sprechen keine (anderen) fachlichen Gründe dagegen, dass diese Wünsche eine gemeinsame Entscheidungsfindung ermöglichen, so ist ihnen grundsätzlich nachzukommen. Dies ergibt sich aus dem fachlichen Argument, dass die Hilfe umso effektiver wirken wird, je mehr sich ihre Adressat:innen bereits selbstbestimmt in den Planungsprozess einbringen konnten. Gründe, die dagegensprechen können, einem Wunsch nach ausschließlich digitalen Gesprächen direkt nachzukommen, können sich bspw. ergeben, wenn die Fachkräfte den Eindruck haben, dass die Ablehnung analoger Gespräche in erster Linie einer Vermeidungsabsicht entspricht und ein tatsächliches Mitwirken im digitalen Setting nicht stattfindet. In dem Fall sollten Fachkräfte mit den Adressat:innen in erster Linie ins Gespräch gehen, um an der Vermeidungshaltung zu arbeiten und gemeinsam zu klären, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen digitale und/oder analoge Gespräche stattfinden sollen.
Erziehungsberatung
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung (§ 79 SGB VIII) und insbesondere bei der Jugendhilfeplanung (§ 80 SGB VIII) verpflichtet, Beratungsangebote so zu planen, dass sie dem tatsächlich ermittelten Bedarf vor Ort entsprechen. Dabei ist davon auszugehen, dass junge Menschen und ihre Familien aufgrund der sich zusehends digitalisierenden Lebenswelt auch Wünsche und Bedürfnisse nach digitalen Beratungssettings haben. Dafür sprechen auch die Entwicklungen der Praxis, in der es immer mehr digitale Beratungsangebote in unterschiedlicher Form (chat- oder E-Mail-basierte Beratung, Videoberatung etc) gibt. Zudem kann gerade bei schambesetzten Beratungsinhalten ein Bedürfnis nach (anonymen) digitalen Beratungssettings bestehen.
Entscheidend ist letztlich ein plurales Angebot, das sowohl analoge als auch digitale Beratungsangebote unterschiedlicher Art beinhaltet, zwischen denen im Einzelfall je nach konkretem Bedarf gewählt werden kann. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind dabei auch verpflichtet, durch Vereinbarungen mit freien Trägern Angebote mit niedrigschwelliger, unmittelbarer Inanspruchnahme zuzulassen, die die jungen Menschen und personensorgeberechtigten Eltern selbst in Anspruch nehmen können, ohne zuvor den Weg über das Jugendamt gehen zu müssen (s. dazu auch FAQ: Besteht gegenüber den Trägern der freien Jugendhilfe, die digitale Erziehungsberatung anbieten möchten, eine Finanzierungspflicht?). Dabei kann ein unmittelbarer digitaler Zugang als in besonderem Maß niedrigschwellig getrachtet werden.
Bei der Planung der konkreten Angebote gilt es, neben der Ermittlung der Wünsche der Adressat:innen die fachliche Eignung digitaler Angebote für die Erziehungsberatung einzubeziehen. Notwendig ist insbesondere eine Berücksichtigung der kommunikativen Besonderheiten, mit der das jeweilige Setting einhergeht, etwa der fehlenden Erkennbarkeit unmittelbarer Reaktionen des Gegenübers oder der Ersetzung des Erfordernisses von mündlichen Kommunikationskompetenzen durch Lese- und Schreibkompetenzen und zum digitalen Beziehungsaufbau (s. Engelhardt Digitale Kommunikation, Beratung und Beziehungsgestaltung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe. Expertise, 2023). Daraus ergibt sich, dass digitale Angebote eine Zusatzqualifizierung im Vergleich zu den analogen Kommunikationskompetenzen erfordern. Sofern diese von den Grundausbildungen noch nicht umfasst ist, braucht es in besonderem Maß Fort- und Weiterbildungen der beratenden Fachkräfte. Die Zuständigkeit für solche Fort- und Weiterbildungsangebote liegt bei den überörtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (§ 85 Abs. 2 Nr. 8 SGB VIII).
Mit der Gesamt- und Planungsverantwortung im Hinblick auf das Vorhandensein digitaler Beratungsangebote geht auch eine Finanzierungsverantwortung einher.
Wird die digitale Erziehungsberatung in geeigneter Form durch Träger der freien Jugendhilfe erbracht und soll die Leistungserbringung durch Vereinbarungen abgesichert werden, so gilt es, in den Vereinbarungen nach § 77 SGB VIII die konkrete Leistung in der digitalen Form zu vereinbaren. Zudem sind die Anforderungen an die Qualität und Qualitätsentwicklung (insb. im Hinblick auf die Qualifizierung der Fachkräfte) sowie die Finanzierung des Angebots zu vereinbaren. Zum Abschluss von Vereinbarungen ist das Jugendamt bei Eignung des Angebots verpflichtet und haben freie Träger umgekehrt einen Anspruch.
Möglich ist auch eine Zuwendungsfinanzierung gem. § 74 SGB VIII. Bei der Zuwendungsfinanzierung sind die Erfüllung fachlicher Voraussetzungen und die Erfüllung der Grundsätze und Maßstäbe der Qualitätsentwicklung und -sicherung Voraussetzungen für die finanzielle Förderung.
Abzuschließen sind auch Vereinbarungen über die niedrigschwellige, unmittelbare Inanspruchnahme. Zu deren Zulassung durch Vereinbarungsabschlüsse sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gem. § 36a Abs. 2 SGB VIII verpflichtet. Dort ist die Pflicht zu solchen Vereinbarungsabschlüssen ausdrücklich für die Erziehungsberatung geregelt, was auch digitale Erziehungsberatung umfasst, da gerade bei dieser ein Bedarf an unmittelbarer Inanspruchnahme bestehen kann, um Hemmschwellen abzubauen. Bei der Entscheidung, mit wie vielen Trägern Vereinbarungen über die niedrigschwellige Inanspruchnahmemöglichkeit abzuschließen sind, darf der öffentliche Träger – vor allem, wenn er diese Beratungsleistungen pauschal finanziert – Bedarfsgesichtspunkte berücksichtigen, also nur mit so vielen Trägern Vereinbarungen abschließen, wie ein Bedarf an unmittelbarer Inanspruchnahme digitaler Erziehungsberatung ermittelt wurde.
Mit allen Trägern, die digitale Erziehungsberatung anbieten, braucht es zudem Vereinbarungen nach § 8a Abs. 4 SGB VIII, in denen das Vorgehen beschrieben wird, wenn in einer Beratung gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bekannt werden (s. dazu FAQ: Was ist zu tun, wenn bei einer anonymen Beratung Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bekannt werden?).
Die Durchführung einer digitalen oder analogen Beratung im Einzelfall entscheidet sich nach dem individuellen Bedarf des konkret betroffenen jungen Menschen bzw. seiner Eltern. Grundsätzlich bestimmt das Jugendamt über die Gewährung der geeigneten und erforderlichen Hilfe zur Erziehung (§ 27 SGB VIII), zu der auch die Erziehungsberatung gehört. Es gilt dann im Hilfeplanverfahren (§ 36 SGB VIII) gemeinsam mit den jungen Menschen und ihren Personensorgeberechtigten zu klären, mit welcher Gestaltung einer als erforderlich erachteten Erziehungsberatung der Bedarf im Einzelfall gedeckt werden kann. Deren Wünschen und Vorstellungen kommt großes Gewicht zu. Falls bedarfsgerecht, kommt auch eine Mischung aus digitalen und analogen Beratungsterminen in Betracht. Ebenfalls ist eine Änderung möglich, wenn sich im Beratungsverlauf herausstellt, dass ein zunächst gewähltes Format den Bedarf nicht ausreichend deckt.
Häufig ist Erziehungsberatung allerdings auch als niedrigschwelliges Angebot mit unmittelbarer Inanspruchnahme gestaltet. In dem Fall entscheiden die jeweiligen Adressat:innen selbst, ob und welches Beratungsangebot sie in Anspruch nehmen. Auch hier kommt in Betracht, dass die beratenden Fachkräfte ein anderes Format empfehlen, wenn sie den Eindruck haben, dass dieses den Bedarf besser decken würde.
Das Jugendamt schließt mit dem Träger der Erziehungsberatung eine Vereinbarung ab, mit der sich dieser zu einem bestimmten Vorgehen verpflichtet, sofern den Fachkräften während der Beratung gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bekannt werden (vgl. § 8a Abs. 4 SGB VIII). Die Vereinbarung sieht vor, dass sich die Fachkräfte von einer insoweit erfahrenen Fachkraft beraten lassen und selbst eine Gefährdungseinschätzung vornehmen, in die sie die Erziehungsberechtigten sowie das Kind einbeziehen, soweit dadurch der Schutz des Kindes nicht infrage gestellt wird. Dabei wirken sie auf die Inanspruchnahme von geeigneten und notwendigen Hilfen hin. Falls auf diese Weise die Gefährdung nicht abgewendet werden kann, wird das Jugendamt informiert.
Selbst bei einer anonymen Beratung kann die beratende Fachkraft die Gefährdungssituation mit der betroffenen Person/Familie besprechen und auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken. Ganz besonders muss in diesen Fällen um das Vertrauen der betroffenen Familie geworben und versucht werden, die Gefährdung gemeinsam mit dieser abzuwenden.
Gelingt dies nicht und hält die Fachkraft der Beratungsstelle daher eine Einbeziehung des Jugendamts für erforderlich, so kann dadurch ggf. auch erreicht werden, dass die zu beratende Person mit der Einbeziehung des Jugendamts einverstanden ist oder zumindest ihre Identität offenbart. Gelingt dies nicht, sollte trotzdem eine Gefährdungsmitteilung an das Jugendamt erfolgen. Möglicherweise können die Fachkräfte des Jugendamts aus den übermittelnden Informationen auf die betroffene Familie schließen, bspw. weil sie dem Jugendamt bereits bekannt ist.
Für den Fall, dass akute Selbst- oder Fremdgefährdung durch die zu beratende Person besteht, sollte die Polizei entweder durch die Beratungsstelle selbst und/oder durch das Jugendamt informiert werden. Die Information ist dann gem. § 34 StGB gerechtfertigt. Ob die beratende Fachkraft das Jugendamt einschaltet oder sich unmittelbar an die Polizei wendet, muss sie anhand der Umstände des Einzelfalls entscheiden. Sofern ein sofortiges Tätigwerden der Polizei geboten ist, um eine Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, sollten zeitgleich Jugendamt und Polizei informiert werden.
Die Polizei kann ggf. auch über technische Ermittlungsmaßnahmen die betroffene Person identifizieren. Ob dies überhaupt möglich ist, hängt von dem genutzten Kommunikationstool ab.
Bei einer digitalen Beratung wird ein Kommunikationstool zur Hilfe genommen. Bei der Nutzung eines solchen Tools werden weitere Daten – sog. Interaktions-Daten – verarbeitet (zB Wer spricht wann mit wem wie lange?). Welche datenschutzrechtlichen Voraussetzungen an die Verarbeitung dieser Interaktions-Daten gestellt werden, ist davon abhängig, ob eine selbst betriebene Software und Infrastruktur genutzt, ein externer IT-Dienstleister als Auftragsverarbeiter verpflichtet oder ein Online-Dienst genutzt wird, der die Daten in eigener Verantwortlichkeit verarbeitet:
- Verfügt der Träger der Erziehungsberatung über eine digitale Infrastruktur, die eine vertrauliche digitale Kommunikation zulässt, ist er selbst der Anbieter des Kommunikationstools, sodass es keiner gesonderten Verarbeitungsbefugnis bedarf.
- Bei Nutzung eines externen Anbieters liegt in wenigen Ausnahmefällen eine Auftragsverarbeitung (zB Alfaview) vor, die sich dadurch auszeichnet, dass der Auftragsverarbeiter die Daten nur auf Weisung des Auftraggebers verarbeitet und darüber hinaus kein eigenes Verarbeitungsinteresse verfolgt. Es bedarf daher keiner Übermittlungsbefugnis, sondern der Einhaltung der Vorgaben des Art. 28 DSGVO (zB hinreichende Garantien für DSGVO-konforme Durchführung, Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrags etc).
- Für die Nutzung aller Tools, bei denen keine Auftragsverarbeitung vorliegt (zB Zoom, WhatsApp, Microsoft Teams), bedarf es aufgrund der dann vorliegenden Datenübermittlung einer spezifischen Übermittlungsbefugnis aus Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Bei der Erziehungsberatung durch einen freien Träger dürfte es daher immer auf die qualifizierte Einwilligung der zu beratenden Personen ankommen (s. dazu auch FAQ: Was sind die Voraussetzungen für die qualifizierte Einwilligung in die Nutzung eines digitalen Kommunikationstools?).
Die Einwilligung ist eine freiwillige für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist (Legaldefinition in Art. 4 Nr. 11 DSGVO).
Verwendet eine Erziehungsberatungsstelle ein Kommunikationstool, zu welchem sich die Adressat:innen zum Zweck der Erziehungsberatung zunächst anmelden oder registrieren müssen, kann dieser Vorgang mit der Aufklärung über die Datenverarbeitung durch den Anbieter des Tools und den Hinweis, dass mit der Anmeldung die Einwilligung in diese Datenverarbeitungsvorgänge erklärt wird, verknüpft werden. In diesem Fall erfolgt die Einwilligung für den bestimmten Fall und in informierter Weise.
Die reine Anmeldung bei einem Tool (zB Zoom), bei dem sich die zu beratende Person bereits registriert und ihr Einverständnis mit den Datenschutzbestimmungen des Anbieters erteilt hat und das für die Erziehungsberatung genutzt wird, deckt dagegen nicht die Nutzung des Tools durch die Erziehungsberatungsstelle im Einzelfall ab, da diese zum Zeitpunkt der Registrierung noch gar nicht absehbar war. Es fehlt dann an der informierten Einwilligungserteilung für den konkreten Fall der Erziehungsberatung.
Da die Einwilligung aber konkludent erfolgen kann, ist die Einholung einer schriftlichen Einverständniserklärung nicht erforderlich. Vielmehr kann die Teilnahme an der digitalen Erziehungsberatung die schlüssige Erklärung des Einverständnisses sein, sofern die Einladung zu der Beratung mit der Aufklärung der konkreten Datenverarbeitung durch den Anbieter des Kommunikationstools verknüpft war. Damit bei den Adressat:innen nicht der Anschein entsteht, sie müssten sich mit der Datenverarbeitung einverstanden erklären, damit sie überhaupt Beratung erhalten, empfiehlt es sich, stets auf alternative Beratungsangebote mit Face-to-Face-Kontakt hinzuweisen. Sollte im Nachgang der Bedarf bestehen, die Einwilligung in die Datenverarbeitung durch den Anbieter des Kommunikationstools nachzuweisen, reicht es aus, darlegen zu können, dass die zu beratende Person vorab diesbezüglich aufgeklärt wurde und mit diesem Wissen ohne Zwang an der digitalen Beratung teilgenommen hat.
Ambulante Einzelfallhilfen
Art und Umfang einer Hilfe zur Erziehung richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall (§ 27 Abs. 2 S. 2 SGB VIII). Ambulante Einzelfallhilfen wie die Erziehungsbeistandschaft (§ 30 SGB VIII) oder die Sozialpädagogischen Familienhilfe (§ 31 SGB VIII) dienen insbesondere dazu, junge Menschen bei der Bewältigung von konkreten Entwicklungsproblemen zu unterstützen. Dabei kann ein erzieherischer Bedarf auch gerade im Hinblick auf die Vermittlung von Medienkompetenzen bestehen, etwa wenn Eltern mit einer exzessiven Smartphone-Nutzung, die sich auf die Entwicklung eines Teenagers auswirkt, überfordert sind. Besteht ein entsprechender individueller Bedarf, so müssen sich auch erzieherische Hilfen nach § 27 SGB VIII auf die Unterstützung in diesem Bereich beziehen. Daher kann es gerade Aufgabe einer Erziehungsbeistandschaft oder einer Sozialpädagogischen Familienhilfe sein, Eltern und/oder jungen Menschen Medienkompetenz zu vermitteln und aus gegebenem Anlass konkrete Themen in den Mittelpunkt der erzieherischen Hilfe zu stellen.
Im Bereich der Hilfen zur Erziehung gibt es in der Praxis bereits vielfältige digitale Ausgestaltungsformen der Erziehungsberatung (§ 28 SGB VIII) als häufig niedrigschwellig ausgestaltete Angebote. Die Frage der Nutzung digitaler Kommunikationsformen stellt sich aber auch für intensivere ambulante Hilfeformen wie die Erziehungsbeistandschaft (§ 30 SGB VIII) oder die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH; § 31 SGB VIII).
Personensorgeberechtigte haben gem. § 27 SGB VIII Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. §§ 28 ff. SGB VIII beinhalten typische in Betracht kommende Hilfeformen. Die Art und der Umfang der Hilfe richten sich nach dem konkreten individuellen Bedarf im Einzelfall (§ 27 Abs. 2 S. 2 SGB VIII). Auch eine digitale Ausgestaltung hängt somit davon ab, ob diese für die Deckung des erzieherischen Bedarfs im Einzelfall geeignet und notwendig ist. Als Grundlage für die Entscheidung dient der Hilfeplan, der von mehreren Fachkräften zusammen mit den Personensorgeberechtigten und dem Kind oder der Jugendlichen aufgestellt werden soll (§ 36 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB VIII).
Bei der Eignungsprüfung spielen die Wünsche und Vorstellungen der jungen Menschen und ihrer Eltern eine wichtige Rolle, da ihre Einbeziehung für den Hilfeerfolg entscheidend ist. Gleichzeitig gilt es fachlich zu berücksichtigen, dass beide Hilfeformen als intensive Hilfen, die das gesamte Familiensystem stärken sollen, intensive Beziehungsarbeit erfordern. Es gilt daher, besonders sorgfältig zu besprechen und fachlich – unter Berücksichtigung der Besonderheiten digitaler Kommunikation – einzuschätzen, welche (digitale) Gestaltung dies ermöglicht und befördert. Häufig dürften sich dabei digitale Kontakte in erster Linie als Ergänzung zu analogen Kontakten anbieten. Im Einzelfall ist aber je nach den fachlichen Erfordernissen auch eine digitale Gestaltung in einem größeren Umfang oder auch ausschließlich denkbar. Dies zB dann, wenn sich ein junger Mensch in dieser Form besonders gut auf die Hilfe einlässt und vielleicht sogar den regelmäßigen Kontakt über Messenger-Dienste mit zwischengelagerten Videogesprächen zur Bedingung macht, um überhaupt mit einer Erziehungsbeiständ:in zusammenzuarbeiten. In jedem Fall gilt es, gemeinsam mit dem jungen Menschen und seinen Eltern zu besprechen und regelmäßig zu überprüfen, welche Form des Kontakts den erzieherischen Bedarf des jungen Menschen deckt. In der erforderlichen Form besteht letztlich auch der Rechtsanspruch im jeweiligen Einzelfall.
Stationäre Hilfen zur Erziehung
Bei jungen Menschen, die stationär untergebracht sind, sind häufig Benachteiligungen in der digitalen Teilhabe gegenüber Gleichaltrigen festzustellen. Erfolgt eine stationäre Unterbringung als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe – bspw. in einer Einrichtung nach § 34 SGB VIII –, so umfasst diese Leistung als Annex auch die Sicherstellung des notwendigen Unterhalts durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 39 SGB VIII). Neben den Kosten für Pflege und Erziehung gehört dazu auch der Sachaufwand, zu dem laufende Leistungen für den regelmäßigen Bedarf und einmalige Leistungen für besondere, im Voraus nicht absehbare Bedarfe gehören.
Zur Erreichung des Abbaus von Benachteiligungen, der ausdrücklich als Ziel der Kinder- und Jugendhilfe benannt ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII), ist es erforderlich, auch den Sachaufwand für eine angemessene digitale Ausstattung zu übernehmen. Dies ergibt sich auch aus dem Verweis in § 39 SGB VIII auf § 20 SGB II, § 27 SGB XII, in denen ausdrücklich vorgesehen ist, dass zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens in vertretbarem Umfang auch eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft gehört.
Zum regelmäßig wiederkehrenden Bedarf, der über laufende Leistungen zu decken ist, gehört daher eine altersangemessene digitale Ausstattung, die je nach Alter insbesondere die Kosten für einen WLAN-Zugang sowie digitale Endgeräte umfasst. Für einen jungen Menschen, der in einer Einrichtung oder Pflegefamilie lebt, gehört dazu ab einem Alter, in dem die meisten seiner Mitschüler:innen ein eigenes Smartphone haben, auch ein Smartphone.
Kinderschutz
Aktivierung des Schutzauftrags
Bei der Information des Jugendamts über gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung durch Dritte wird der Schutzauftrag des Jugendamts mit dem tatsächlichen Zugang der Nachricht aktiviert und nicht erst mit dem Lesen der Nachricht durch eine Fachkraft. Daher ist es wichtig, darauf hinzuweisen, wenn digitale Postfächer nicht rund um die Uhr von einer Fachkraft betreut werden. In solchen Fällen sollte auf alternative Kontaktmöglichkeiten, wie zB die Rufbereitschaft, aufmerksam gemacht werden, damit diese in dringenden Fällen kontaktiert werden kann.
Eine bedarfsangemessene Erfüllung des Schutzauftrags ist nur gewährleistet, wenn die Personen, die dem Jugendamt eine Kindeswohlgefährdung oder einen diesbezüglichen Verdacht mitteilen möchten, sowie wenn junge Menschen, die selbst um Schutz bitten, das Jugendamt tatsächlich erreichen können. Dem öffentlichen Jugendhilfeträger obliegt daher die Verantwortung dafür, geeignete Zugangswege zu schaffen, die die Information des Jugendamts über mögliche Gefährdungen für das Wohl eines Kindes adressatenorientiert ermöglichen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 4 SGB VIII, § 79 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3 SGB VIII).
Wichtige Kriterien für die Eignung von Zugangswegen sind zum einen die Erreichbarkeit des Jugendamts in zeitlicher Hinsicht und zum anderen die Erreichbarkeit des Jugendamts in einer für die Zielgruppe praktikablen, also auch niedrigschwelligen Art und Weise. Gerade bei Selbstmeldungen durch Kinder und Jugendliche, aber auch bei Hinweisen durch junge Informationsgeber:innen könnte eine an dieser Zielgruppe orientierte Erreichbarkeit über die Schaffung von digitalen Zugangswegen realisiert werden. Da junge Menschen mit der Nutzung digitaler Kommunikationswege ohnehin vertraut sind, verspricht deren Gebrauch gerade bei dieser Personengruppe, Hemmschwellen, die bei einer (Selbst-)Meldung überwunden werden müssen, zu verringern, sodass die Bereitstellung digitaler Zugangswege ein wichtiges Instrument für den Kinderschutz ist.
Gefährdungseinschätzung
Auf welche Art und Weise das Jugendamt mit Dritten kommuniziert, die zum Zweck der Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Austausch kann daher auch im Rahmen einer Videokonferenz erfolgen, sofern diese aus fachlicher Perspektive zur Erreichung des Gesprächsziels geeignet ist. Davon ist in der Regel anzugehen. Denn bei der Einbeziehung (professioneller) Dritter wird ein faktenbasierter Informationsgewinn anvisiert. Anders als bei der Gefährdungseinschätzung mit der Familie muss zu den Dritten keine persönliches (Vertrauens-)Verhältnis aufgebaut werden, wofür im Einzelfall ein persönliches Gespräch geeigneter sein kann als ein digitaler Austausch.
Ausnahmsweise kann eine Videokonferenz ungeeignet sein, wenn das Gespräch mit Dritten gemeinsam mit der Familie oder einzelnen Familienmitgliedern stattfinden soll. Denn in diesem Fall geht es nicht um einen bloßen Informationsaustausch, sondern auch um die zwischenmenschliche Dynamik des Gesprächs. Es ist daher im Einzelfall nach fachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, welche Form des Gesprächs geeignet ist.
Die Digitalisierung der Lebenswelten kann im Einzelfall auch zu einer Gefährdung des Wohls von Kindern und Jugendlichen führen. In folgenden Fallgruppen kann eine Kindeswohlgefährdung iSv § 8a SGB VIII vorliegen:
- Entwicklung von Ängsten oder anderen psychischen Belastungen infolge einer gänzlich unbegleiteten Nutzung digitaler Medien oder des Konsums nicht altersgerechter und gefährdender Inhalte, wie bspw. gewaltverherrlichende, pornografische, rassistische oder sexistischer Inhalte ohne ausreichenden Schutz durch die Erziehungspersonen
- Quantitativ exzessiver Umfang des Konsums von Medien bzw. der Nutzung eines Smartphones, zB spezifisches Suchtverhalten mit spezifischen Auswirkungen auf Wohlbefinden, Konzentrationsvermögen oder Beziehungen
- Übergriffe auf junge Menschen, die über digitale Medien vollzogen werden, zB Cyber-Bullyiing oder Cyber-Mobbing
- Sexuelle Übergriffe, die im digitalen Raum vollzogen (zB sexuelle Belästigung über ein digitales Netzwerk, missbräuchliches Sexting) oder vorbereitet werden (zB Nutzung digitaler Kommunikation zur Vorbereitung der Ausübung sexualisierter Gewalt im analogen Raum wie Cyber-Grooming oder Anbahnung von Kinderprostitution)
- Verbreitung persönlicher Daten von jungen Menschen im digitalen Raum, zB auf dem Youtube-Kanal eines Elternteils) mit gravierende Auswirkungen auf das Wohl junger Menschen
- Gänzlich fehlende Möglichkeit zur digitalen Teilhabe und zum Erwerb von Mediennutzungskompetenzen
Liegen Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, so gilt es im jeweiligen Einzelfall im Rahmen der Gefährdungseinschätzung einzuschätzen, ob für das jeweilige Kind tatsächlich eine schwere Schädigung seines Wohls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Im Rahmen der Gefährdungseinschätzung sind die Fachkräfte des Jugendamts zur Einbeziehung der Erziehungsberechtigten sowie des Kindes oder Jugendlichen verpflichtet, soweit der wirksame Schutz durch die Einbeziehung nicht in Frage gestellt wird (§ 8a Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Dabei sollen sich die Fachkräfte auch einen unmittelbaren Eindruck vom Kind und seiner persönlichen Umgebung verschaffen, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist (§ 8a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB VIII).
Die Einbeziehung der betroffenen Familie, die im Regelfall erforderlich ist, ist nach der jeweils besten Eignung zu gestalten. Es gilt hier, zum einen die notwendigen Informationen für die Einschätzung zu erhalten und zum anderen einen Grundstein für die Zusammenarbeit mit der Familie zu legen. Im Hinblick darauf ist die Geeignetheit einer digitalen Kommunikation im Einzelfall besonders sorgfältig zu prüfen, da die Einbeziehung der Eltern und des Kindes oder Jugendlichen mit besonderen fachlichen Herausforderungen verbunden und von entscheidender Relevanz für die Sicherung des Kindeswohls ist. In vielen Fällen kann bei einem rein digitalen Kontakt in besonderem Maß die Gefahr bestehen, dass relevante Informationen übersehen werden. Wesentliche Kriterien für die Entscheidung, ob die Familie (auch oder sogar ausschließlich) digital einbezogen wird, sind die Art und Schwere der potenziellen Gefährdungssituation, eine bereits bestehende Hilfebeziehung zur Familie, in der also die Familienmitglieder den Fachkräften im Jugendamt bereits bekannt sind, sowie ggf. die Notwendigkeit eines - aus Sicht des Kindes - besonders geschützten Raums.
Was die Verschaffung eines unmittelbaren Eindrucks vom Kind und seiner Umgebung anbelangt, so gilt es zunächst zu beachten, dass dieser nach der gesetzlichen Regelung von der fachlichen Erforderlichkeit im Einzelfall abhängt ("Sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist…"). Wird er von den Fachkräften als erforderlich erachtet, so ergibt sich aus der gesetzlich geforderten Unmittelbarkeit, dass ein Hausbesuch vor Ort und nicht lediglich ein Kontakt über digitale Kommunikationsmittel wie bspw. die Videotelefonie stattfinden muss. Letztere lassen gerade keinen unmittelbaren Eindruck von Wohnverhältnissen und dem Zustand des Kindes zu, da über Video kein vergleichbarer Eindruck von den Lebensverhältnissen des Kindes gewonnen werden kann (bspw. sind Gerüche nicht feststellbar).
Die Teilnahme von Vertragsärzt:innen an der Gefährdungseinschätzung wurde durch die mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) eingeführten Abrechnungsmöglichkeiten für Videofallkonferenzen ausdrücklich gestärkt (§§ 73c, 87 Abs. 2a S. 7 SGB V). Die fachliche Eignung und rechtliche Zulässigkeit einer rein digitalen Mitwirkung sind dabei unproblematisch.
Allerdings ergibt sich aus der Zulässigkeit und auch aus der Abrechnungsmöglichkeit keine Verpflichtung von Ärzt:innen, sich an der Gefährdungseinschätzung - digital oder analog - zu beteiligen. § 8a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB VIII regelt eine Pflicht der Fachkräfte des Jugendamts, meldende Berufsgeheimnisträger:innen, zu denen auch Ärzt:innen gehören, bei Vorliegen der Voraussetzungen einzubeziehen. Hingegen ist in § 8a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB VIII keine Pflicht der Berufsgeheimnisträger:innen zur Mitwirkung geregelt. (LPK-SGB VIII/Bringewat, 8. Aufl. 2022, SGB VIII § 8a Rn. 71).
Eine Mitwirkungspflicht kann sich nur aus eigenen Rechtspflichten der Berufsgeheimnisträger:innen ergeben, insbesondere aus § 4 KKG in Verbindung mit einer möglichen Garantenstellung gegenüber dem Kind. Danach sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren und alle erforderlichen Informationen weiterzugeben, wenn eine eigene Abwendung der Gefährdung ausscheidet oder dieses Vorgehen erfolglos bleibt und die Berufsgeheimnistäger:in daher das Tätigwerden des Jugendamts zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung für erforderlich hält (§ 4 Abs. 3 S. 1, 2 KKG). Für Berufsgeheimnisträger:innen, die einem Heilberuf angehören, ergibt sich zudem aus § 4 Abs. 3 S. 3 KKG eine Pflicht zur Information des Jugendamts, wenn nach deren Einschätzung eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen das Tätigwerden des Jugendamts erfordert.
Die Ärzt:innen müssen insofern eigenverantwortlich entscheiden, ob und in welchem Umfang eine Beteiligung an der Gefährdungseinschätzung durch Informationsübermittlung an das Jugendamt erforderlich ist. Die Bereitschaft zur digitalen Übermittlung von Informationen im Rahmen von Videokonferenzen dürfte allerdings durch die Abrechnungsmöglichkeit erhöht worden sein (s. ausführlich auch die FAQ zum KJSG: Dürfen Berufsgeheimnisträger:innen ihre Mitwirkung an der Gefährdungseinschätzung verweigern?, https://dijuf.de/handlungsfelder/kjsg/kjsg-faq/kinderschutz).
Sozialdatenschutz
Digitale Kommunikation
Die gesetzlichen Vorgaben des Sozialdatenschutzes gelten gleichermaßen für die analoge wie digitale Datenverarbeitung. Die Besonderheit bei der digitalen Datenverarbeitung besteht jedoch darin, dass mehr Daten verarbeitet werden als im analogen Kontext bzw. dass es sich um andere Daten handelt. Denn im Gegensatz zum Face-to-Face-Kontakt ist ein Medium zwischengeschaltet. Betreiber:innen von digitalen Kommunikationstools verarbeiten in der Regel Informationen über die kommunizierenden Personen (zB Name, E-Mail-Adresse, Telefonnummer) sowie über die Kommunikation selbst (zB Zeitpunkt und Dauer der Kommunikation, ggf. auch Inhalte). Auch für diese Datenverarbeitung bedarf es einer Rechtsgrundlage (hierzu ausführlich FAQ Dürfen Fachkräfte aus sozialdatenschutzrechtlicher Perspektive mit den jungen Menschen via WhatsApp oder anderen Messenger-Diensten kommunizieren?).
Die Nutzung dieses Tools ist aus datenschutzrechtlicher Perspektive nicht unproblematisch. Denn die Anbieter von Messenger-Diensten, wie zB WhatsApp und Instagram, agieren nicht weisungsgebunden, dh sie können im Rahmen ihrer Nutzungsbedingungen unabhängig vom Jugendamt über die an sie übermittelten Daten verfügen (zB Nutzung zu Marketingzwecken). Die Nutzung dieser Dienste ist für die Jugendhilfe trotzdem nicht per se ausgeschlossen, jedoch ist die Übermittlungsbefugnis zu prüfen.
Grundsätzlich kommt für die Datenübermittlung an den jeweiligen Anbieter die Übermittlungsbefugnis nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SGB X iVm § 64 Abs. 2 SGB VIII in Betracht, wonach die Übermittlung zulässig ist, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Jugendamts erforderlich ist und den Hilfeerfolg nicht in Frage stellt.
Die Erforderlichkeit kann sich daraus ergeben, dass es im jeweiligen Einzelfall gerade dem Bedarf der Adressat:innen entspricht, via Messenger mit dem Jugendamt zu kommunizieren, was nur dann der Fall ist, wenn diese Kommunikation dem Wunsch der Adressat:innen entspricht. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, eine qualifizierte Einwilligung in die Nutzung des jeweiligen Messenger-Dienstes einzuholen. Die Adressat:innen müssen nicht nur mit der Verarbeitung ihrer Daten durch das Jugendamt, sondern auch mit der Verarbeitung ihrer Daten durch den spezifischen Messenger-Dienst einverstanden sein. Hierfür müssen die Fachkräfte sie zuvor in einer verständlichen Form darüber aufklären, was mit ihren Daten passiert.
Sofern die Adressat:innen mit der Nutzung eines Messenger-Dienstes einverstanden sind und die fallverantwortliche Fachkraft diese Art von Kommunikation aus fachlichen Gesichtspunkten als geeignet einschätzt, wird auch der Hilfeerfolg durch die digitale Kommunikation nicht in Frage gestellt, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Art der Datenverarbeitung gegeben sind.
Besondere Umsicht ist jedoch geboten, wenn Adressat:innen sensibelste und intimste Informationen über sich preisgeben (möchten). Hier sollte die Fachkraft nochmals über die Datenverarbeitung aufklären und anbieten, über diese Themen in einem geschützteren Raum zu sprechen, bei dem sichergestellt ist, dass nur die Fachkraft die Informationen wahrnimmt und ggf. speichert.
Mit der Einwilligung erklärt die betroffene Person, dass sie mit einer konkreten Datenverarbeitung einverstanden ist. Die Erklärung muss unmissverständlich sein, dh sie muss sich auf einen konkreten Datenverarbeitungsvorgang beziehen. Außerdem muss die Person vor Abgabe der Erklärung über die Datenverarbeitung umfassend aufgeklärt worden sein, da nur eine in informierter Weise abgegebene Einwilligung wirksam ist (Art. 4 Nr. 11 DSGVO).
Eine bestimmte Form ist für die Einwilligung nicht vorgesehen, sodass sie nicht zwingend schriftlich erteilt werden muss. Da das Jugendamt aber die Erteilung einer Einwilligung im Nachgang nachweisen können muss, ist die elektronische Form oder die Schriftform der bloßen mündlichen Erklärung vorzuziehen (Art. 7 Abs. 1 DSGVO iVm § 67b Abs. 2 S. 1 SGB X).
Fachkräfte dürfen mit Adressat:innen nur digital kommunizieren, wenn sie ein dienstliches Gerät sowie einen dienstlichen Account hierfür nutzen. Denn bei der Nutzung privater Geräte würden Sozialdaten (Name und Telefonnummer der Adressat:innen usw) die berufliche Sphäre verlassen.
Informationserhebung im Internet
Stellen Personen Informationen im Internet ein, üben sie ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus, indem sie darüber entscheiden, dass diese Informationen der Öffentlichkeit oder einer Mitgliederöffentlichkeit zugänglich sein sollen. Dennoch dürfen Mitarbeitende des Jugendamts nicht ohne datenschutzrechtliche Befugnis Informationen über ihre Klient:innen im Internet erheben. Das liegt daran, dass dies eine Datenerhebung im datenschutzrechtlichen Sinne ist. Das Jugendamt darf daher diese Daten im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung nur aufgrund einer gesetzlichen Erhebungsbefugnis (§ 62 SGB VIII) oder aufgrund einer konkreten Einwilligung der betroffenen Person erheben.
Eine Datenerhebung durch Jugendamtsmitarbeitende ist immer nur dann zulässig, wenn sie erforderlich für die Aufgabenerfüllung nach dem SGB VIII ist (§ 62 Abs. 1 SGB VIII). Das kann bspw. die Erforderlichkeit der Information für die Gefährdungseinschätzung im Rahmen des § 8a SGB VIII sein.
Über das allgemeine Erfordernis hinaus gilt allerdings der Grundsatz der Direkterhebung, dh, die Daten müssen grundsätzlich bei der betroffenen Person selbst erhoben werden (§ 62 Abs. 2 SGB VIII). Dieser Grundsatz wird bei einer Datenerhebung im Internet nicht gewahrt, da sie nicht bei der betroffenen Person, sondern vielmehr bei der Betreiber:in der Website, also einer Dritten im datenschutzrechtlichen Sinne, erfolgt. Dritterhebung und damit die Verletzung des Grundsatzes der Direkterhebung ist nur in den gesetzlichen Ausnahmefällen zulässig, die in § 62 Abs. 3 SGB VIII geregelt sind. Bspw. ist eine Dritterhebung rechtmäßig, wenn die Erhebung der Daten bei der betroffenen Person nicht möglich, die Kenntnis der Daten aber erforderlich für die Erfüllung des Schutzauftrags ist (§ 62 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d SGB VIII). Das Vorliegen der Voraussetzungen in allen Ausnahmefällen muss für jeden Einzelfall gesondert geprüft werden. Eine Pauschalbefugnis zur Erhebung von Daten bei Dritten in Kinderschutzfällen gibt es nicht. In einem Kinderschutzfall ausnahmsweise zulässig kann aber eine Dritterhebung sein, wenn eine Person widersprüchliche Aussagen macht, die durch wiederholtes Nachfragen nicht aufgeklärt werden können.
... auf die Profile ihrer Klient:innen nutzen? (Stand: 22.9.2023)
Zunächst ist eine Informationserhebung im Internet nur ganz ausnahmsweise zulässig (zu den Voraussetzungen s. FAQ Sozialdatenschutz: Unter welchen Voraussetzungen sind Mitarbeitende des Jugendamts befugt, Informationen über ihre Adressat:innen im Internet zu erheben?). Liegt ein solcher spezifischer Ausnahmefall vor, muss die Informationserhebung über ein Dienstgerät und darf nur über Profile, die das Jugendamt (ua) für diesen Zweck eingerichtet hat, erfolgen. Die Nutzung privater Profile von Fachkräften ist rechtswidrig. Grund hierfür ist, dass bereits der Name einer Adressat:in ein Sozialdatum ist, das nur im Rahmen der beruflichen Tätigkeit verarbeitet werden darf. Mit der Eingabe eines solchen Sozialdatums in die Suchmaske privater Profile der Jugendamtsmitarbeitenden in sozialen Netzwerken verlässt dieses Sozialdatum die berufliche Sphäre. Daher ist nicht nur die Nutzung privater Profile im Kontext der Wahrnehmung jugendhilferechtlicher Aufgaben unzulässig, sondern auch die Nutzung privater Endgeräte.
Gewährleistungsverantwortung/Jugendhilfeplanung
Planung digitaler Angebote
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung (§ 79 SGB VIII) verpflichtet, ein plurales Angebot sicherzustellen, mit dem im Einzelfall bedarfsgerechte Leistungen erbracht werden können. Bedarfsgerecht kann auch eine Leistung mit digitalen Gestaltungselementen sein. Damit solche Leistungen bei entsprechendem Bedarf erbracht werden können (siehe FAQ Ist im SGB VIII eine Rechtspflicht zur digitalen Leistungserbringung und Aufgabenwahrnehmung geregelt?) und zudem das Wunsch- und Wahlrecht bei der Leistungserbringung berücksichtigt werden kann, umfasst das erforderliche plurale Angebot auch Leitungen mit digitalen Gestaltungselementen.
Die Gewährleistungsverantwortung des öffentlichen Trägers geht dabei über die bloße Bereitstellung von Leistungen mit digitalen Gestaltungselementen hinaus. Vielmehr bedarf es zunächst einer fachlichen Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen und Grenzen des Einsatzes digitaler Kommunikationsformen bei den jeweiligen Leistungen.
Das wesentliche Element für die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots an Leistungen mit digitalen Gestaltungselementen ist die Jugendhilfeplanung (§ 80 SGB VIII). Dazu gehören die Bestandsfeststellung, die Bedarfsermittlung und die entsprechende Maßnahmenplanung.
In der Bestandserhebung muss ermittelt werden, welche Leistungen mit digitalen Gestaltungselementen bereits vorhanden sind. Es muss zB erhoben werden, wie viele Angebote mit digitalen Elementen überhaupt schon vorgehalten werden und in welchen Leistungsbereichen bereits digitale Formate (oder bislang eher wenig oder gar nicht) vorhanden sind. Ebenso ist zu erheben, welche Art von digitalen Formaten (Chats, Videogespräche, digitale Tools etc) der Leistungserbringung für welche Leistungen bislang konkret angeboten wird.
Im Rahmen der Bedarfsermittlung ist der Bedarf an Leistungen mit digitalen Elementen unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten zu ermitteln (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII). Dass grundsätzlich z ein wachsender Bedarf an (fachlich geeigneten) Jugendhilfeleistungen mit digitalen Elementen besteht, ergibt sich aus fachlichen Gesichtspunkten auch unabhängig von der Ermittlung der Wünsche der Adressat:innen, da sich digitale Angebote an der sich zusehends digitalisierenden Lebenswelt orientieren und Chancen für eine selbstbestimmungsorientierte Leistungsgewährung bieten. Für die Ermittlung fachlich geeigneter und erforderlicher Angebotsformate haben die Wünsche der jungen Menschen und ihrer Familien nach einer digitalen Kommunikation mit den Fachkräften eine hohe Bedeutung.
Anschließend müssen in der Maßnahmenplanung die dem ermittelten Bedarf entsprechenden Leistungsangebote geplant werden (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII). § 80 Abs. 2 SGB VIII macht dabei konkrete Vorgaben zur Art und Weise der Planung. Für Angebote mit digitalen Elementen ist insbesondere Nr. 2 relevant, wonach ua ein möglichst vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot an Jugendhilfeleistungen zu planen ist.
Um Leistungen und Angebote mit digitalen Elementen in der fachlich erforderlichen Qualität anbieten zu können, bedarf es einer entsprechenden Qualifizierung der Fachkräfte. Der Umgang mit digitalen Medien im Allgemeinen und insbesondere auch die digitale Kommunikation und Beziehungsgestaltung mit den Adressat:innen stellen andere und vielfach neue Anforderungen an die Fachkräfte. Dazu gehören die Kenntnis und die Fähigkeit zum Umgang mit den unterschiedlichen kommunikativen Rahmenbedingungen sowie das Wissen um Chancen und Grenzen digitaler Beziehungsgestaltung im Vergleich zu Face-to-Face-Kontakten. Die Nutzung bestimmter Tools verlangt zudem Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit ihren spezifischen Herausforderungen und der Einordnung gegenüber den Adressat:innen. Dies erfordert in erster Linie Fort- und Weiterbildungen, aber bspw. auch digitalisierungsspezifische Supervisionen für Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe.
Die Zuständigkeit für geeignete Fortbildungsangebote obliegt den überörtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (§ 85 Abs. 2 Nr. 8 SGB VIII). Umfasst sind sowohl Fortbildungsangebote für Mitarbeitende der Jugendämter als auch der freien Träger. Gerade für den Bereich der digitalen Aufgabenerbringung, der für viele Jugendämter und die dort tätigen Fachkräfte, aber auch für freie Träger mitunter neue und anspruchsvolle Anforderungen beinhaltet, ist eine einheitliche Kompetenzentwicklung wichtig für die Möglichkeit der Adressat:innen, digitale Angebote in Anspruch zu nehmen. Insbesondere sollten Fortbildungen zu den besonderen Herausforderungen und unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Kommunikation mit verschiedenen digitalen Mitteln im Vergleich zueinander und zu analogen Formaten angeboten werden. Dabei sollten sowohl die erforderlichen technischen Kenntnisse als auch die kommunikativen Kompetenzen der Fachkräfte für eine digitale Aufgabenwahrnehmung geschult werden.
§ 79 Abs. 3 SGB VIII verlangt eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter einschließlich der entsprechenden Fachkräfte. Mit dem KJSG wurde eine Pflicht ergänzt, für die Möglichkeit der Nutzung digitaler Geräte Sorge zu tragen (§ 79 Abs. 3 S. 1 SGB VIII).
Die erforderliche Ausstattung umfasst dabei je nach Abteilung und Aufgabenbereich:
- die erforderlichen Endgeräte (Rechner, ggf. Mobilfunkgeräte),
- ggf. erforderliche Software,
- ggf. Accounts für die Nutzung sozialer Netzwerke, die für die Kommunikation mit den jungen Menschen und ihren Familien erforderlich sind,
- notwendiger technischer Support der Fachkräfte zur Sicherstellung einer ausreichenden Nutzungsmöglichkeit.
Zusammenarbeit mit freien Trägern
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung verpflichtet, eine plurale Infrastruktur an Leistungsangeboten vorzuhalten, die zusehends je nach spezifischem Leistungsinhalt auch digitale Formate einbezieht. Um dies umzusetzen, sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf angewiesen, dass auch Leistungsanbieter in freier Trägerschaft digitale Leistungsformate anbieten.
Allerdings entscheiden freie Träger im Rahmen ihrer Privatautonomie grundsätzlich selbst über ihr Leistungsangebot und seine Gestaltung (siehe dazu § 4 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Soweit das Angebot grundsätzlich geeignet ist, besteht auch grundsätzlich eine Pflicht zum Abschluss von Vereinbarungen, auch wenn die freien Träger digitale Kommunikationsformate ablehnen. Aktuell kann nicht davon ausgegangen werden, dass rein analoge Leistungsgestaltungen per se ungeeignet sind, jugendhilfespezifische Bedarfe zu decken. Vielmehr ist gerade ein plurales Angebot entscheidend. Entsprechend sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf angewiesen, mit den freien Trägern vor Ort so zusammen zu arbeiten, dass zusehends eine Öffnung hin zu Angebotsformaten mit einer größeren Bandbreite an genutzten Kommunikationsformen erfolgt. Dies kann in erster Linie über eine gute Kooperation und Kommunikation erreicht werden, die auch freien Trägern verdeutlicht, dass digitale Formate zusehends zu einem bedarfsgerechten Leistungsrepertoire einer modernen Kinder- und Jugendhilfe gehören.
Ausnahmen von der grundsätzlichen Pflicht zum Abschluss von Vereinbarungen mit allen allgemein geeigneten Trägern bestehen bei Angeboten mit pauschaler Finanzierung, also insbesondere der Zuwendungsfinanzierung nach § 74 SGB VIII (siehe § 74 Abs. 2 S. 1 SGB VIII). In diesen Bereichen, in denen der öffentliche Träger ein Angebot unabhängig von seiner Inanspruchnahme im Einzelfall und der eigenen Entscheidung über diese Inanspruchnahme finanziert, kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Finanzierung auch von Bedarfsgesichtspunkten, also von den Ergebnissen der Jugendhilfeplanungsprozesse abhängig machen. Für Angebote mit digitalen Gestaltungselementen folgt daraus, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, der bspw. im Rahmen der Bedarfsermittlung bei der Jugendhilfeplanung nach § 80 SGB VIII einen Bedarf an Angeboten der digitalen Erziehungsberatung ermittelt, gezielt solche Angebote fördern und finanzieren darf, die eine entsprechende Leistung anbieten.
Heimplatzbörse in den stationären Hilfen zur Erziehung
Sind die Voraussetzungen für eine stationäre Hilfe zur Erziehung erfüllt, so muss der Rechtsanspruch mit einem geeigneten Platz erfüllt werden. Um dies leisten zu können, sind die Jugendämter insbesondere auch auf Plätze in stationären Einrichtungen freier Träger angewiesen.
Allerdings ergibt sich aus der Pflicht zur Achtung der Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstruktur (§ 4 Abs. 1 S. 2 SGB VIII) unter anderem auch, dass freie Träger grundsätzlich selbst entscheiden, ob und welche Kinder und Jugendlichen sie aufnehmen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sie ihre freien Plätze in einer digitalen Heimplatzbörse anzeigen. In dem Fall können die Jugendämter über die Heimplatzbörse zwar unkompliziert Kenntnis über freie Heimplätze erlangen, es bedarf jedoch grundsätzlich in jedem Einzelfall einer Abstimmung mit dem jeweiligen freien Träger. Dieser muss bereit sein, bestimmte Kinder oder Jugendliche, die gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen Anspruch auf einen stationären Platz haben, aufzunehmen.
Damit der öffentliche Träger über eine gewisse Sicherheit bezüglich der Aufnahmebedingungen der freien Träger verfügt, ist nach § 78c Abs. 1 S. 2 SGB VIII in der Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarung zwischen öffentlichem und freiem Träger auch zu regeln, unter welchen Voraussetzungen der Träger der Einrichtung sich zur Erbringung von Leistungen verpflichtet. Auch daraus ergibt sich aber keine Pflicht der freien Träger, sich pauschal für jeden Einzelfall zu verpflichten, Kinder bzw. Jugendliche, die gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen Anspruch auf eine stationäre Hilfe zur Erziehung haben, aufzunehmen. Es besteht somit keine Pflicht, die Entscheidung, welche jungen Menschen im Einzelfall bedarfsdeckend untergebracht werden, pauschal auf das Jugendamt zu übertragen. Auf freiwilliger Basis kann eine Vereinbarung über ein Zuweisungsrecht des Jugendamts – unter der Bedingung der Bedarfsgerechtigkeit des Platzes im Einzelfall – aber abgeschlossen werden.
Aus einer – geeignet gestalteten – Heimplatzbörse ergeben sich erhebliche Vorteile: Das Jugendamt erhält die Möglichkeit, verfügbare Plätze schnell und einfach einzusehen und mit den jeweiligen Einrichtungen bei Bedarf in Kontakt zu treten. Dadurch wird das in der Praxis häufige Problem, dass sämtliche Einrichtungen angefragt werden müssen und so wertvolle zeitliche Ressourcen verbraucht werden, deutlich reduziert. Um diese Arbeitserleichterung nutzen zu können, braucht es jedoch die Teilnahme möglichst vieler freier Träger.
Aus der Pflicht zur Achtung der Selbständigkeit der freien Jugendhilfe ergibt sich, dass freie Träger nicht einseitig vom öffentlichen Träger zu bestimmten Leistungsinhalten oder zur Aufnahme bestimmter Kinder ohne ihre Mitentscheidung verpflichtet werden können (siehe vorstehende FAQ). Die Pflicht zur Achtung der Selbständigkeit bezieht sich gem. § 4 Abs. 1 S. 2 SGB VIII auch auf die Gestaltung der Organisationsstruktur.
Voraussetzung für den Anspruch auf den Abschluss von Vereinbarungen nach § 78b SGB VIII ist nur die Eignung des Trägers zur Erbringung der Leistung. Die Teilnahme an einer Heimplatzbörse ist jedoch keine Voraussetzung für die Eignung, da sie sich auf die Leistungserbringung selbst und die damit verbundene Erfüllung des Hilfeanspruchs der Adressat:innen nicht auswirkt. Lediglich aus dem Umstand, dass ein freier Träger seine Plätze nicht in einer digitalen Heimplatzbörse anzeigen möchte, ergibt sich jedoch noch nicht seine Nichteignung für die Leistungserbringung selbst.
Allerdings wird die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern durch geeignete Verfahren der Anzeige freier Plätze deutlich gestärkt. Am sinnvollsten dürfte es daher sein, die freien Träger in die Entwicklung effektiver Verfahren (Heimplatzbörsen) einzubeziehen, um sowohl die tatsächliche Eignung für effektive Platzsuchen als auch eine möglichst hohe Teilnahmebereitschaft zu bewirken.
Digitale Heimplatzbörsen sind teilweise auch für Adressat:innen nutzbar, die dort einsehen können, bei welchen Trägern freie Plätze zur Verfügung stehen. Um diese Plätze in Anspruch zu nehmen, ist es allerdings erforderlich, dass zum einen der Träger der jeweiligen Einrichtung das Kind auch aufnehmen will und zum anderen die Entscheidung über die Gewährung einer stationären Hilfe zur Erziehung das Jugendamt trifft. Dafür müssen sich die Personensorgeberechtigten mit dem Hilfebedarf an das Jugendamt wenden, das prüft, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Gem. § 27 Abs. 1 SGB VIII haben Personensorgeberechtigte bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Sind die Voraussetzungen erfüllt, so richten sich Art und Umfang der Hilfe gem. § 27 Abs. 2 S. 2 SGB VIII nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall. Aufgrund der Intensität einer stationären Hilfe ist grundsätzlich eine individuelle Hilfeplanung gem. § 36 SGB VIII erforderlich, im Rahmen derer zusammen mit den Personensorgeberechtigten und dem betroffenen Kind oder Jugendlichen ein Hilfeplan über den Bedarf, die Hilfeart und die erforderlichen Leistungen aufzustellen ist, wobei gem. § 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII die Entscheidung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen wird. Wünschen die Personensorgeberechtigten im Rahmen der Hilfeplanung einen bestimmten Platz – etwa den Platz aus der Heimplatzbörse – und ist dieser nach fachlicher Einschätzung geeignet zur Deckung des Hilfebedarfs und nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden, so ist aufgrund des Wunsch- und Wahlrechts (§§ 5, 37c Abs. 3 S. 2 SGB VIII) der Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung mit diesem Platz zu erfüllen. Jedoch sind die Personensorgeberechtigten zuvor auch über andere mögliche Plätze, die ggf. nicht in der Heimplatzbörse angezeigt wurden, zu informieren, damit ihr Wunsch- und Wahlrecht umfassend erfüllt ist.
Die Personensorgeberechtigten können daher einen Platz aus einer Heimplatzbörse als Hilfe zur Erziehung, die durch das Jugendamt finanziert wird, nicht einfach eigenständig in Anspruch nehmen, selbst wenn der freie Träger zur Aufnahme des betreffenden Kindes oder Jugendlichen bereit ist. Die Heimplatzbörse kann jedoch eine wirkungsvolle Methode zur Stärkung der Selbstbestimmung bei der Hilfeinanspruchnahme darstellen, da Adressat:innen sich bereits vor dem Kontakt mit dem Jugendamt über mögliche Hilfen und deren Inhalte informieren können.