Aktuelles

Mindestlohn steigt zum 1.10.2022 auf 12 EUR: Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch im Mangelfall

Kann ein barunterhaltspflichtiger Elternteil den Mindestunterhalt nicht leisten, so ist die Zurechnung fiktiven Einkommens in Betracht zu ziehen. Zugerechnet werden kann aber nur ein tatsächlich erzielbares Einkommen (ausf. hierzu DIJuF/Knittel/Birnstengel Themengutachten TG-1268, Stand: 12/2020, Fragen 4 und 5). Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Erwerbsobliegenheit nicht über eine regelmäßige Arbeitszeit von 48 Std. in der Woche hinausgehen kann (§ 3 ArbZG). Zur Steigerung der Erfolgsaussichten in einem ggf. gerichtlichen Verfahren ist eine mögliche und zumutbare konkrete Tätigkeit zu benennen. Oftmals wird vorgetragen, dass zumindest für den Mindestlohn eine bestimmte Tätigkeit zu finden und aufzunehmen ist.

Hier ist ab 1.10.2022 zu beachten, dass der Mindestlohn von 10,45 EUR (seit 1.7.2022; ab 1.1.2022 waren es noch 9,82 EUR) auf 12 EUR steigt. Dem neuen Mindestlohn entsprechend steigt ab 1.10.2022 die Verdienstobergrenze für Minijobs von 450 auf 520 EUR.

Die 520 EUR dürfen jedoch nicht pauschal – wie auch bislang nicht die 450 EUR – als fiktives Einkommen aus Nebenbeschäftigung zugrunde gelegt werden; hingegen gilt es zu schauen, wie viel Stunden bereits in der Hauptbeschäftigung geleistet werden. Ausgehend vom Mindestlohn müssten für 520 EUR zehn Std. gearbeitet werden. Hat der Unterhaltspflichtige bereits in seiner Hauptbeschäftigung eine 40-Std.-Woche, so können nur dann die vollen 520 EUR fiktiv als Gehalt zugrunde gelegt werden, wenn behauptet werden kann, dass ein entsprechend höherer Stundenlohn bei einem konkreten Minijob gezahlt werde, mind. ca. 14,40 EUR.

In Mangelfällen, in denen bereits bislang (fiktiver) Unterhalt unter Bezugnahme auf den Mindestlohn geltend gemacht wurde, ist im Hinblick auf den beachtlichen Anstieg des Mindestlohns davon auszugehen, dass ein höherer Kindesunterhalt als bislang vom barunterhaltspflichtigen Elternteil zu fordern ist.