KJSG - FAQ

Sonstiges

Tagespflege

§ 23 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII
„(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst:
[…]
3. die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
[…]“

 

Durch das KJSG wurde nun auch für die zu erstattende Unfallversicherung einer Tagespflegeperson (TPP) eine Angemessenheit im Gesetz ausdrücklich festgelegt. Bisher war das Wort „angemessen“ bezogen auf die Unfallversicherung noch nicht im Gesetzeswortlaut verankert. Nichtsdestotrotz ging auch vor der Aufnahme des Wortes „angemessen“ in den Gesetzestext die überwiegende Meinung in der Literatur davon aus, dass auch bei der Unfallversicherung das Kriterium der Angemessenheit zu berücksichtigen war. In der Begründung zum Regierungsentwurf wird ausgeführt, dass sich die Angemessenheit im Allgemeinen an der Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung orientiert (so auch bisher Wiesner/Struck SGB VIII, 5. Aufl. 2015, SGB VIII § 23 Rn. 33; LPK-SGB VIII/Kaiser, 8. Aufl. 2022, SGB VIII § 23 Rn. 13; Schellhorn ua/Fischer SGB VIII, 5. Aufl. 2017, SGB VIII § 23 Rn. 16). In der Praxis kann es jedoch vorkommen, dass die TPP tatsächlich höhere Einkünfte erzielt oder von sich aus, zum Zweck höherer Versicherungsleistungen im Schadensfall, einen höheren Jahresverdienst wählt, sodass auch ein höherer Beitrag anfällt. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass das Jugendamt in solchen Fällen aufgrund der Angemessenheitsprüfung solche höheren Beträge im Einzelfall übernehmen kann, wenn die Höherversicherung bspw. dazu dient, den Lebensstandard der TPP für die Fälle eines unfallbedingten Einnahmeausfalls abzusichern. Auf der anderen Seite kann das Jugendamt eine entsprechende Reduzierung der Erstattung in den Fällen vornehmen, in denen von einer unangemessenen Unfallversicherung auszugehen ist, was der Fall sein kann, wenn die Versicherungssummen deutlich über den mit der Kindertagespflegetätigkeit erzielten Einnahmen liegen. (BT-Drs. 19/26107, 81).

§ 22 Abs. 1 S. 3, 4 SGB VIII
(1) […] Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegeperson aus einem wichtigen Grund steht dem nicht entgegen. […]

 

Mit dem KJSG werden die Voraussetzungen für gemeinsame Kindertagespflegemodelle mehrerer Tagespflegepersonen und damit deren Abgrenzung zu Kindertageseinrichtungen ausdrücklich geregelt. Entscheidendes Kriterium ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson. Die Neuregelung orientiert sich am besonderen Profil der Kindertagespflege als personenbezogene Betreuungsform (BT-Drs. 19/26107, 80) und knüpft an die bisherige Auslegung an, nach der Voraussetzung für eine Kindertagespflege die feste Zuordnung der Kinder zu ihrer Tagespflegeperson ist (s. DIJuF-Rechtsgutachten, 23.10.2013, DRG-1048 Rn. 3, abrufbar unter www.kijup-online.de; FK-SGB VIII/Lakies/Beckmann, 8. Aufl. 2019, SGB VIII § 22 Rn. 11; GK-SGB VIII/Gerstein, Stand: 1/2019, SGB VIII § 43 Rn. 13; OVG Münster JAmt 2020, 328; VGH Mannheim JAmt 2020, 118).
Nach der nun erfolgten gesetzlichen Konkretisierung steht dieser persönlichen Zuordnung eine gegenseitige, kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem wichtigen Grund nicht entgegen. Damit begegnet die Regelung dem Bedürfnis der Praxis, dass die Vertretung für die Betreuung problemlos und ohne großen Aufwand von einem*einer Kolleg*in übernommen wird. Um aber gleichwohl die Abgrenzung zu einer betriebserlaubnispflichtigen Tageseinrichtung zu ermöglichen, ist eine solche Vertretung nur kurzzeitig und nur aus wichtigem akuten Grund möglich. Laut Begründung zum Regierungsentwurf ist eine solche Vertretung nur dann kurzzeitig, wenn sie maximal für die Dauer einer halben täglichen Betreuungszeit geleistet wird. Ein gewichtiger Grund für die Abwesenheit der eigentlich zuständigen Tagespflegeperson wird zB dann angenommen, wenn ein medizinischer Notfall bei der Kindertagespflegeperson oder bei einem ihr zugeordneten Kind eintritt, wenn ein Arztbesuch in diesen Zeiten unvermeidbar ist oder sich ein Notfall im familiären Umfeld der Kindertagespflegeperson ereignet hat (BT-Drs. 19/28870, 93). Nicht hingegen fallen Urlaub oder Erkrankung der Kindertagespflegeperson darunter. In diesen Fällen ist – nicht nur bei Großtagespflegestellen, sondern bei jeder Tagespflegeperson – gem. § 23 Abs. 4 S. 2 SGB VIII rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellen. Eine solche Ersatzbetreuung für Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson ist von der Förderung in Kindertagespflege umfasst und daher auch vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu finanzieren. Wie die konkrete Ersatzbetreuung aussieht, ist nicht gesetzlich festgelegt und wird in der Praxis zB durch sog. Stützpunktmodelle oder mobile Tagespflegepersonen umgesetzt.